Voest: Fragezeichen hinter China-Werk

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Angesichts der Turbulenzen stellt die Voestalpine die Pläne für ein neues Werk in China auf den Prüfstand. Mehr Sorgen bereiten dem Konzern die gesunkenen Rohstoffpreise.

Linz. Noch 2015 wollte die Voestalpine mit dem Bau eines neuen Edelstahlwerks in China beginnen. Doch am gestrigen Mittwoch erklärte Firmenchef Wolfgang Eder, dass dieser Zeitplan nicht mehr zu halten sei. „Das Werk ist weiterhin eine Option, die weitere Vorgehensweise müssen wir uns aber in aller Ruhe ansehen“, so Eder.

Eigentlich wollte die Voestalpine die Anlage bis Ende 2017 zusammen mit dem chinesischen Gießereiunternehmen Kocel in Yinchuan in Zentralchina errichten. Dort sollen Edelstahlprodukte für die chinesische Auto- und Konsumgüterindustrie sowie den Maschinenbau hergestellt werden. Möglich sei laut Eder, dass nun ein anderer Standort ins Auge gefasst werde.

Schlechte Konjunkturdaten nährten zuletzt die Sorge, dass China sein heuriges Wachstumsziel von sieben Prozent verfehlen könnte – es wäre die geringste Steigerungsrate seit einem Vierteljahrhundert. „Kurz- und auch mittelfristige Verwerfungen gibt es immer wieder“, sagte Eder. An den Plänen, bis 2020 zehn neue Werke in China zu errichten, aber werde der Konzern nicht rütteln. „Nur weil es jetzt vielleicht zwei, drei Jahre Probleme gibt, verlasse ich nicht fluchtartig einen langfristig strategisch wichtigen Markt.“ Derzeit beschäftigt das Unternehmen an 24 Standorten dort 2200 Mitarbeiter. Auch einen Nachfrageeinbruch der Autobauer, für die China einer der wichtigsten Märkte ist, befürchtet Eder nicht. Vor allem in Europa brummen die Geschäfte. „Wir kommen mit der Produktion kaum nach“, sagte der Konzernchef.

Umsatzziel ist nicht zu halten

Nach Gesprächen mit Hauptkunden erwartet Eder jedenfalls bis Jahresende keine Änderung des Abnahmeverhaltens. Die Automotive-Sparte steuert mit einem Umsatz von knapp vier Milliarden Euro gut ein Drittel zu den Gesamterlösen bei. Die Voestalpine erzeugt etwa Bleche für Karosserieteile von Autos und beliefert die großen deutschen Hersteller.

Der oberösterreichische Konzern hat in China derzeit drei Zulieferwerke für die Automobilindustrie. Die Anlagen laufen noch bis Ende 2017 in einer Hochfahrphase. „Das, was wir dort produzieren, wird entsprechend der Vereinbarungen untergebracht“, sagte Eder. Der mit der Autobranche in China erzielte Umsatz lag zuletzt bei zehn Millionen Euro. Insgesamt macht der Konzern in dem Land rund 300 Millionen Euro Umsatz. Mehr Sorgen als China bereiten Eder die teilweise stark gesunkenen Preise für viele Rohstoffe, die der Konzern an die Kunden weitergibt. „Schon allein aufgrund des Verfalls der Rohstoffpreise in den letzten Jahren werden wir das Umsatzziel nach unten korrigieren müssen“, sagte Eder.

Bisher wollte die Voestalpine bis zum Geschäftsjahr 2020/21 (per Ende März) die Erlöse von zuletzt 11,2 auf 20 Milliarden Euro steigern. Wichtiger sei nun, dass die Rentabilitätsziele erfüllt werden. „Die EBITDA-Marge von 14Prozent könnte schon etwas früher als 2020/21 erreicht werden“, sagte Eder. Im Geschäftsjahr 2014/15 lag sie bei 13,7Prozent.

Neue Turbulenzen in China

Die chinesische Notenbank versuchte am Mittwoch erneut, der schwächelnden Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Konkret wurden umgerechnet 19 Milliarden Euro in den Interbanken-Geldmarkt gepumpt. Erst am Dienstag hatte die Zentralbank die Leitzinsen gesenkt – und zwar zum fünften Mal seit November. Zudem bekommen Geschäftsbanken künftig mehr Freiraum bei der Kreditvergabe, was die nach den USA weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft ankurbeln soll. Doch das Problem ist, dass die chinesischen Banken schon jetzt mit vielen faulen Krediten zu kämpfen haben. (Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2015)

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