Bolivien: Atomkraftgegner „sind Feinde“

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Der bolivianische Staatspräsident, Evo Morales, will zwei Milliarden Dollar in den Bau eines Nuklearzentrums investieren. Atomgegner nennt er „Feinde Boliviens“.

La Paz. Bolivien will mit einer milliardenschweren Investition die Entwicklung der Atomkraft vorantreiben. Staatspräsident Evo Morales ratifizierte am Mittwoch einen Vertrag zur Errichtung eines 20 Hektar großen nuklearen Forschungs- und Entwicklungszentrums im Süden der Millionenstadt La Paz.

Mit Blick auf die Gegner des Projekts und protestierende Einwohner des Viertels Mallasilla betonte der erste indigene Präsident des Andenstaates: „Diese Leute, die dagegen opponieren, sind Feinde Boliviens, Feinde der Entwicklung des Landes, sie sind Feinde der Befreiung.“

Insgesamt sollen zwei Milliarden US-Dollar (1,7 Mrd. Euro) investiert werden, ab 2025 soll das Nuklearzentrum für Gesundheits-, Technologie- und Energiezwecke genutzt werden – ein Atomkraftwerk an dieser Stelle ist aber nicht geplant. Dieses würde laut Regierung an anderer Stelle errichtet, womöglich mithilfe Argentiniens und Frankreichs. Das Land betont, Kernenergie nur zu friedlichen Zwecken nutzen zu wollen.

Bisher betreiben nur Argentinien (drei) und Brasilien (zwei) in Südamerika Kernkraftwerke. In Mittelamerika hat Mexiko zwei Kernkraftwerke. Die meisten der weltweit 440 Atomkraftwerke werden nach Angaben des Deutschen Atomforums mit derzeit 99 Reaktoren in den USA betrieben.

Bolivien verfügt selbst über große Uranvorkommen. Bereits vor fünf Jahren wollte Morales mithilfe des Iran Atomkraftwerke errichten lassen. Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 erklärte Morales: „Südamerika sollte frei von Atomkraft sein.“

Der seit 2006 amtierende Sozialist Morales treibt mit Einnahmen aus dem verstaatlichten Erdgassektor Infrastrukturprojekte wie das größte urbane Seilbahnnetz mit bis zu 1400 Gondeln in La Paz voran, das von der österreichischen Firma Doppelmayr erbaut wurde. Außerdem soll künftig das für Batterien und Handys wichtige Lithium am Salzsee von Uyuni gefördert werden. Trotz des Erdgases ist Bolivien abhängig von Stromimporten. (ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2015)

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