China verkauft mehr US-Anleihen

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Binnen zwei Wochen hat China so viele US-Staatsanleihen abgestoßen wie im ganzen ersten Halbjahr. Die US-Wirtschaft interessiert das kaum – sie wächst kräftig weiter.

Wien/Peking/Washington. China hat seinen Abverkauf von US-Staatsanleihen beschleunigt. Seit der überraschenden teilweisen Freigabe des Yuan am 11. August und der darauf folgenden Abwertung der chinesischen Volkswährung dürfte das Riesenreich US-Anleihen im Gegenwert von rund 106 Mrd. Dollar zu Geld gemacht haben, um Währung und Aktienmärkte zu stützen.
Damit hat China binnen zwei Wochen so viele US-Staatsanleihen verkauft wie im gesamten ersten Halbjahr. Insgesamt hat China Daten der Finanzagentur Bloomberg zufolge in den vergangenen zwölf Monaten US-Staatsanleihen im Wert von rund 315 Mrd. Dollar abgebaut.

China sitzt zwar weiter auf Währungsreserven im Wert von rund 3,65 Billionen Dollar – und ein großer Teil hiervon wird in Form von US-Anleihen gehalten. Aber der jüngste Trend dürfte sich erst einmal fortsetzen. Durch Bloomberg befragte Analysten gehen im Durchschnitt von einem weiteren Abbau von rund 40 Mrd. Dollar pro Monat aus.

Verkaufen andere Staaten auch?

Der französischen Großbank Société Générale (SG) zufolge verfügt China freilich über deutlich mehr Währungsreserven, als eigentlich notwendig wäre. Die derzeitige Menge entspricht rund 134 Prozent des empfohlenen Levels, so SG. Anders gesagt: China hat weiterhin rund 900 Mrd. herumliegen. Geld, das nach Belieben einsetzbar ist, ohne die eigene Position merklich zu schwächen.

Die enorm hohen Währungsreserven der kommunistischen Volksrepublik sind eine Folge des chinesischen Exportbooms. Chinesische Firmen erhalten für ihre Waren meist Dollar, die sie dann bei der chinesischen Zentralbank gegen Yuan tauschen. Die Zentralbank kauft dann mit den Dollars US-Staatsanleihen – und veranlagt das Geld sozusagen gegen Rendite. Für die USA eine angenehme Situation: Dieses „Recycling“ von exportierten Dollars (die Ölstaaten machen es mit ihren Petrodollars genauso) unterstützt die US-Regierung in Washington durch günstige Staatsfinanzierung.

Das Problem: China ist zwar der größte Halter von US-Staatsanleihen (neben der eigenen Zentralbank Federal Reserve), dürfte beim Abverkauf aber nicht allein sein. Denn im Zuge der Yuan-Abwertung und der Dollar-Aufwertung kommen immer mehr Währungen von Entwicklungsländern unter Druck. In der Folge werden sie verstärkt US-Anleihen verkaufen müssen, um an Dollars zu kommen und ihre Währungen zu stützen.

Das entspricht zwar dem beabsichtigten Zweck von Währungsreserven, ist aus Sicht Washingtons aber sicherlich nicht erwünscht. Das „Dollar-Recycling“ gehört zu den wichtigsten Stützpfeilern des ständig wachsenden Schuldenbergs der USA von derzeit mehr als 18 Billionen Dollar.

US-Wirtschaft wächst kräftig

Dessen ungeachtet setzt die US-Wirtschaft ihre Erholung fort. Sie wuchs Daten des US-Handelsministeriums zufolge zuletzt stärker als erwartet – und zwar um 3,7 Prozent im Juli (Vorjahresvergleich). Noch im Juni betrug dieses Wachstum nur 2,3 Prozent.

Angetrieben wird die US-Wirtschaft vor allem durch die heimische Nachfrage. Die Nachfrage der Haushalte, die für 70 Prozent der US-Wirtschaft verantwortlich sind (und nicht selten Produkte kaufen, die in China hergestellt wurden), wuchs um 3,1 Prozent.

Allerdings hat sich das Wachstum des realen, inflationsbereinigten Einkommens deutlich abgeschwächt: plus 1,3 Prozent im zweiten Quartal nach einem Plus von fast vier Prozent im ersten. Auch die Sparquote sinkt wieder: von 5,2 auf 4,8 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2015)

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