Stiglitz: Berlin hat französische Regierung "eingeschüchtert"

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Die Politiker aus dem Mitte-Links-Spektrum hätten das "Vertrauen in ihre fortschrittliche Agenda" verloren, meint der US-Ökonom.

In der generellen wirtschaftspolitischen Ausrichtung hat sich die französische Regierung nach Einschätzung von Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz von Deutschland "einschüchtern" lassen. "Es gibt eine Art Einschüchterung", sagte Stiglitz, ein prominenter Kritiker der aktuellen Sparpolitik, der Nachrichtenagentur AFP. Die französische Regierung unter Präsident Francois Hollande habe sich nicht in der Lage gezeigt, gegen den Kurs Deutschlands in Haushaltsfragen, bei der Politik in der Eurozone und im Umgang mit der Griechenland-Krise zu steuern.

"Genau das Gegenteil dessen, was gebraucht wird"

"Steuersenkungen und Ausgabenkürzungen lassen die Wirtschaft schrumpfen - genau das Gegenteil dessen, was gebraucht wird", sagte der US-Ökonom. Ihm sei nicht klar, warum das in Europa dennoch wieder versucht werde, "trotz aller Belege, aller Theorien, die zeigen, dass es nicht geht". Er stimme mit dem früheren griechischen Finanzminister Giannis Varoufakis darin überein, dass die Unnachgiebigkeit Berlins gegenüber Athen das Ziel gehabt habe, die französische Politik auf dem Weg der Sparpolitik zu halten.

Die Politiker aus dem Mitte-Links-Spektrum hätten das "Vertrauen in ihre fortschrittliche Agenda" verloren, sagte Stiglitz. Politiker wie der frühere britische Premierminister Tony Blair und US-Präsident Barack Obama seien Unterstützer des "Bankensystems", der staatlich unterstützten "Deregulierung" und von Handelsabkommen, "die für normale Arbeiter schlecht sind".

Neues Buch erscheint im Herbst

Vor Jahren noch habe sich die französische Regierung beständig für Gleichheit eingesetzt, doch habe sich dies durch die Sparpolitik geändert. "Die Austeritätspolitik steht im Zentrum der Zunahme der Ungleichheit", sagte Stiglitz. Der Nobelpreisträger des Jahres 2001 war früher Wirtschaftsberater des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton und Chefökonom der Weltbank. Stiglitz ist derzeit damit beschäftigt, sein neues Buch "The Great Divide" zu bewerben, das im September auch unter dem deutschen Titel "Reich und Arm" erscheint.

(APA/AFP)

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