Bayer belebt die Börse

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Der Börsengang der Kunststoffsparte Covestro könnte mit einem Volumen von 2,5 Mrd. Euro der größte seit 2000 werden.

Frankfurt. 14 deutsche Unternehmen haben in diesem Jahrtausend mehr als eine Mrd. Euro bei ihrem Börsengang eingesammelt. In den nächsten Wochen könnten zwei hinzukommen. Konkret sind die Pläne des Pharma- und Chemiekonzerns Bayer für die eben abgespaltete Kunststoffsparte Covestro: Der Börsengang, der Anfang Oktober stattfinden dürfte, könnte mit einem Emissionsvolumen von 2,5 Mrd. Euro der größte IPO seit dem Boom von 2000 werden.

Seither hat nur der Motorenbauer Tognum 2007 die Marke von zwei Mrd. Euro übertroffen. Nummer eins ist nach wie vor die Deutsche Post, die beim Börsengang am 19. November 2000 6,25 Mrd. Euro erlöste. Ebenfalls in den Startlöchern steht die Online-Kleinanzeigenbörse Scout24, die ihre Pläne Anfang nächster Woche konkretisieren will.

Komplette Trennung vor 2020

Bei einem Erlös von rund 2,5 Mrd. Euro – der genaue Preis hängt noch vom Marktumfeld ab – würde Covestro mit mehr als zehn Mrd. Euro bewertet. Zuerst will Bayer von der Tochter, die mit mehr als 16.000 Mitarbeitern Polyurethane und Polycarbonate etwa für die Auto-, Möbel-, Haushaltsgeräte- und Bauindustrie fertigt, nur einen Minderheitsanteil platzieren. Langfristiges Ziel sei aber die vollständige Trennung, sagte Bayer-Finanzchef Johannes Dietsch am Freitag. Dies werde vor 2020 sein.

Bei dem Börsengang werden ausschließlich neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung angeboten. Mit dem Erlös soll Covestro vor allem Schulden an Bayer zurückzahlen. Offen ist, wie viel Bayer von seinen gut 21 Mrd. Euro Schulden der Tochter als „Mitgift“ aufbürdet. Zu hoch dürfen diese aber nicht sein, wenn Bayer das angestrebte Investmentgrade-Rating für die Tochter erreichen will.

Covestro peilt eine Nettofinanzverschuldung inklusive Pensionsverpflichtungen des 2,5- bis Dreifachen des bereinigten Betriebsgewinns (Ebitda) für das laufende Geschäftsjahr an. 2014 kam Covestro bei einem Umsatz von 11,76 Mrd. Euro auf einen bereinigten Betriebsgewinn von 1,16 Mrd. Euro. Umsatz und Ergebnis sollen mittelfristig zulegen. Bis 2019 plant Covestro Einsparungen von 420 Mio. Euro. Die Aktionäre können ab 2016 mit einer Dividende rechnen. Geplant ist eine Ausschüttungsquote von 30 bis 50 Prozent.

Der Leverkusener Traditionskonzern hat sich wie erwartet für einen klassischen Börsengang für Covestro und gegen ein Spin-off entschieden. Bei der zweiten Variante, die Bayer vor gut zehn Jahren bei der Abspaltung von Lanxess gewählt hatte, wären den Aktionären Covestro-Aktien direkt ins Depot gebucht worden. „Wir haben den besten Weg für die Verselbstständigung des Material-Science-Geschäfts gesucht und sind zu der Überzeugung gelangt, dass ein IPO klare Vorteile sowohl für Bayer und Covestro als auch für ihre jeweiligen Stakeholder bietet“, urteilte Bayer-Chef Marijn Dekkers.

Die Bayer-Aktie ging am Freitag mit einem Minus bis zu 3,6 Prozent in die Knie, nachdem sie am Vortag genau so viel gewonnen hatte. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen. Die Börsenpläne fanden bei Analysten überwiegend Anklang. (Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2015)

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