Wie Boeings Flop 717 zum Verkaufshit wurde

(c) imago/Rüdiger Wölk
  • Drucken

Normalerweise nimmt die Beliebtheit eines Flugzeugs eher ab, sobald es nicht mehr hergestellt wird. Doch im Fall der 717 ist der Wert allein in diesem Jahr um mehr als 17 Prozent geklettert.

Neun Jahre nach Produktionsende der 717 von Boeing Co. entwickelt sich der ehemalige Verkaufs-Flop zu einer der begehrtesten Maschinen der Welt. Boeing hatte lediglich 155 Flugzeuge des Typs mit einer Kapazität von 100 Sitzen gebaut. Inzwischen sind die meisten in einem Alter, in dem Airlines in der Regel darüber nachdenken, sie außer Dienst zu stellen. Doch Bewertungen und Leasing-Raten für die 717 steigen - dank einer Mischung aus billigem Treibstoff, dem umfangreichen Engagement von Boeing und der Entscheidung von Delta Air Lines Inc., das Flugzeug als Ersatz für kleine Regionalflieger in der Flotte zu nutzen.

Delta, Hawaiian Holdings Inc., die spanische Volotea SL und die australische Qantas Airways Ltd. stehen allesamt in den Startlöchern, um zuzugreifen, sollte eine 717 auf den Markt kommen. Derzeit wird nicht eine einzige Maschine angeboten - weder zum Kauf noch zur Anmietung. Ihr einziger Lichtblick: Ein in Turkmenistan geparktes Flugzeug, wie die Datenbank Ascend von FlightGlobal zeigt.

"Jeder will sie lange behalten"

"Jeder will sie lange behalten", erklärt Daniel Pietrzak, Managing Director für Flotten-Transaktionen bei der amerikanischen Delta Air Lines. "Sie sehen nigelnagelneu aus. Sie sind großartig."

Normalerweise nimmt die Beliebtheit eines Flugzeugs eher ab, sobald es nicht mehr hergestellt wird. Im Falle der 717 ist der Wert laut Ascend aber allein in diesem Jahr um mehr als 17 Prozent geklettert. Eine Maschine kostet demnach zwischen 7,5 Mio. Dollar und 10,5 Mio. Dollar, währen die Leasing-Raten um 22 Prozent nach oben geschnellt sind.

Die 717 war der letzte Jet, der von McDonnell Douglas Corp. entwickelt wurde, bevor Boeing das Unternehmen vor 18 Jahren übernahm. Als die Maschine 1999 auf den Markt kam, bewegten sich viele Airlines weg von kleineren Maschinen und hin zu Flugzeugen mit mehr Kapazität.

Boeing besitzt selbst 103 Maschinen

Boeing bietet noch heute technische Unterstützung sowie Ersatzteile an, was normal ist. Ungewöhnlicher hingegen: der Hersteller besitzt 103 der Maschinen selbst und verfügt über Leasingvereinbarungen im Volumen von 1,5 Mrd. Dollar, zeigen Pflichtmitteilungen. Delta hatte 2012 einen Vertrag mit Southwest Airlines Co. zum Kauf von 88 Maschinen geschlossen. Der amerikanische Billigflieger war in den Besitz der Flugzeuge gekommen, als er den Konkurrenten AirTran Holdings Inc. übernahm, wollte seine vollständig aus Boeing 737-Maschinen bestehende Flotte allerdings nicht umbauen.

Fluggesellschaft mögen die Leistung der 717 auf kürzeren Strecken, während Passagiere die Aufteilung der sitze mögen: ein Mittelsitz pro Reihe statt der üblichen zwei. Auf der einen Seite vom Gang gibt es zwei Sitze, auf der anderen drei.

Jagd geht weiter

Nach dem plötzlichen Aufstieg der 717 könnte auch genauso schnell der Abstieg folgen - falls Delta das Interesse an dem Flugzeug-Typ verliert, warnt Nick Popovich, Präsident von Sage- Popovich Inc. Das Unternehmen hat sich auf den Weiterverkauf von Maschinen spezialisiert. Doch Pietrzak ist weiter auf der Jagd nach 717-Maschinen in aller Welt - ohne Erfolg. Die Maschine in Turkmenistan wird als laut Ascend als temporär geparkt geführt. Das Flugzeug gehört Turkmenistan Airlines. Das Unternehmen reagierte nicht auf die Bitte um Stellungnahme.

Nachdem er Anfang dieses Jahres einen Bericht darüber las, dass Volotea weitere 20 Flugzeuge vom Typ 717 kaufen wolle, war Pietrzaks erste Reaktion eigenen Worten zufolge: "Nun, wen kennen die, der raus will, den ich nicht kenne?".

(Bloomberg)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.