Triple-Schlag an der Börse für den Wiederaufbau Japans

(c) Bloomberg (Kiyoshi Ota)
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Die Regierung Abe will aus dem Verkauf von Aktien der Post und ihrer Bank- und Versicherungstochter 10,4 Mrd. Euro erlösen.

Tokio. Es soll der größte Börsengang des Landes seit dem fast 19 Mrd. Euro schweren Marktdebüt des Telekomriesen NTT im Jahr 1987 und dem Mobilfunker NTT Docomo 1998 werden: Die japanische Regierung will mit der im Staatsbesitz befindlichen Japan Post Holdings sowie deren beiden Bank- und Versicherungstöchtern in Summe rund 1,4 Billionen Yen (10,4 Mrd. Euro) erlösen. Das Geld will Ministerpräsident Shinzo Abe in den Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben und dem Tsunami und der davon ausgelösten Atomkatastrophe in Fukushima vor vier Jahren stecken.

In einem ersten Schritt sollen am 4. November nur jeweils zehn Prozent der Unternehmen an die Börse gebracht werden. Das heißt, dass durch den Verkauf weiterer Tranchen mindestens 27 Mrd. Euro lukriert werden sollen. Gemessen am geplanten Emissionspreis würde die Post auf eine Marktkapitalisierung von 6,1 Billionen Yen kommen, die Bank auf sogar 6,3 Billionen und der Versicherer auf 1,3 Billionen Yen.

Für Abe steht bei dem Triple-Schlag ein Ziel im Vordergrund: 70 Prozent der Aktien sollen von Privatanlegern gekauft werden. Der Premier hofft, dass die jüngsten Turbulenzen beim großen Nachbarn China und die dadurch ausgelöste hohe Volatilität auf den Märkten den Japanern nicht den Appetit auf Aktien verdorben haben. Er will seine Landsleute bewegen, einen größeren Anteil ihrer Ersparnisse an der Börse zu investieren.

Private sollen Aktien kaufen

Das ist allerdings ein heikles Unterfangen: Denn die Pekinger Führung hat mit ihrer umfangreichen Werbung für Aktieninvestments nicht nur den Boom ausgelöst, der die Kurse bis Jahresmitte in ungeahnte Höhen steigen ließ, sie hat auch viele Chinesen dazu gebracht, auf Pump zu investieren. Was sich nach dem jähen Absturz der Börsen als fatal herausstellte.

Der gleichzeitige Börsengang der Japan Post Holdings, der Japan Post Bank and der Japan Post Insurance ist die letzte Stufe in der vor zehn Jahren vom damaligen Regierungschef, Junichiro Koizumi, initiierten Privatisierung der Post. Der Unternehmensriese ist mit mehr als 200.000 Beschäftigten in 24.000 Büros und Ämtern einer der größten Arbeitgeber des Landes. Der Bankenarm der Post verfügt über rund 178 Bill. Yen an Einlagen, mehr als jedes andere Finanzinstitut des Landes.

Abe steht mit seiner Politik (Abenomics), die Wirtschaft durch eine massive Flutung mit frischem Geld und milliardenschweren Konjunkturprogrammen wieder auf Wachstumskurs zu trimmen, in der Kritik. Denn nach einem Wachstum von 4,5 Prozent im ersten Quartal schrumpfte die Wirtschaft im zweiten Quartal wieder um 1,6 Prozent. Das Land leidet nicht nur unter einem enormen Schuldenberg, sondern auch unter der Konsumzurückhaltung der Bevölkerung. Zuletzt kam die gesunkene Nachfrage aus China dazu.

Im Juli ist der Auftragseingang für Maschinen überraschend gefallen. Während Volkswirte mit einem Plus von 3,7 Prozent gerechnet hatten, gab es tatsächlich ein Minus von 3,6 Prozent. Schon zuletzt waren mehrere Indikatoren eher schwach ausgefallen und hatten Zweifel an der Prognose der Notenbank aufkommen lassen, dass die Wirtschaft stetig wächst.

Nobelpreisträger Paul Krugman streute am Donnerstag bei einer Konferenz in Tokio noch Salz in die Wunden Abes: Er sei sehr beunruhigt, meinte Krugman, dass die Wirtschaft nicht genug Schwungkraft habe, um aus der Deflation zu kommen. Er, Krugman, wolle Abe überzeugen, eine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer hintanzustellen. Die Erhöhung im April hat zu einem Konsumboykott geführt und die Wirtschaft zurück in die Rezession fallen lassen. (Bloomberg/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2015)

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