Deutschen Firmen droht reihenweise das Aus

(c) AP (Frank Augstein)
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Im Deutschen Aktienindex stehen sieben von 30 Unternehmen unter Beobachtung. Stark betroffen sind dabei zyklische Werte wie Automobil, Bau- oder Medienunternehmen.

wien (ker). Mehr als 6000 Mitarbeiter des deutschen Handelskonzerns Arcandor demonstrierten jüngst vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Sie verlangen, dass der CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg dem Unternehmen Staatshilfe gewährt. Ohne eine rasche Geldspritze steht der Konzern, der im MDAX notiert und über 55.000 Mitarbeiter beschäftigt, vor dem Aus.

Arcandor ist kein Einzelfall für eine drohende Pleite. Immer mehr deutsche Großbetriebe bekommen Probleme, ihre Verbindlichkeiten bedienen zu können. Aktionäre und Inhaber von Unternehmensanleihen sind daher gut beraten, sich von risikoreichen Kandidaten zu trennen.

Als Entscheidungsgrundlage kann laut Experten das sogenannte Z-Wert-Modell dienen. Dieses wurde vom US-Wissenschaftler Edward Altman entwickelt und soll zukünftige Bankrottfirmen prognostizieren. Der Z-Wert, auch „Pleiteindikator“ genannt, wurde vor 40 Jahren entwickelt. Er packt wesentliche Bilanzkennwerte in eine mathematische Formel. Der Z-Wert gibt an, ob einem Unternehmen die Pleite droht.

Liegt der Z-Wert einer Gesellschaft unter der kritischen Schwelle von 1,81, ist die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz umso größer.

Telekom, Volkswagen und Co.

Laut einer Analyse der Tageszeitung „Die Welt“ läuten demnach gleich bei sieben von 30 DAX-Konzernen die Alarmglocken. Unternehmen wie die Deutsche Telekom, BMW, Daimler, Continental oder die Lufthansa weisen etwa einen Z-Wert von unter 1,81 auf. Ausgeweitet auf die 110 größten börsenotierten Gesellschaften, sind noch immer 22 insolvenzgefährdet. Stark betroffen sind dabei zyklische Werte wie Automobil, Bau- oder Medienunternehmen (ProSieben, oder Premiere).

Z-Wert unter Experten umstritten

Einige Experten bezweifeln allerdings die Aussagekraft dieses Rechenmodells. Österreichische Analysten schenken dem „Pleiteindikator“ weitgehend wenig Aufmerksamkeit. „Börsenotierte Firmen haben einen relativ einfachen Zugang zu Kapitalquellen. Sie können etwa leichter Bonds oder Hybridanleihen zeichnen. Das sind Faktoren, die der Z-Wert nicht berücksichtigt“, sagt Erste-Analyst Günther Artner zur „Presse“. Außerdem könnten stark schwankende Erträge von zyklischen Firmen den Z-Wert deutlich verzerren. „Ich kann mir daher kaum vorstellen, dass so viele DAX-Werte vor der Pleite stehen“, so Artner.

Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass es in der Vergangenheit einen stabilen Zusammenhang zwischen niedrigem Z-Wert und Unternehmensinsolvenzen gegeben habe. Ein aktuelles Beispiel bietet General Motors. Der Z-Wert hat die missliche Lage des angeschlagenen US-Autokonzerns schon frühzeitig erkannt, die Insolvenz ist für viele nur mehr eine Frage der Zeit.

AUF EINEN BLICK

Bei sieben von 30 Dax-Unternehmen läuten die Alarmglocken. Auf Basis des sogenannten Z-Wert-Modells, das vom US-Wissenschaftler Edward Altman entwickelt wurde, ist bei diesen Gesellschaften die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz groß. Unter Experten ist die Aussagekraft des Z-Wertes allerdings umstritten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2009)

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