VW-Abgasskandal: Erste Geständnisse

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Ingenieure sollen zugegeben haben, die Manipulationssoftware installiert zu haben. Der neue VW-Aufsichtsratschef sieht das Unternehmen in seiner Existenz bedroht.

Wolfsburg. Im VW-Abgasskandal gibt es erste Geständnisse. Wie die „Bild am Sonntag“ unter Berufung auf einen Bericht der internen Revision des Unternehmens berichtet, sollen mehrere VW-Ingenieure bei Befragungen ausgesagt haben, sie hätten 2008 die Manipulationssoftware installiert.

Demnach befand sich zu diesem Zeitpunkt der Dieselmotor EA 189, an dem bei VW ab 2005 gearbeitet wurde, kurz vor der Serienreife. Es sei aber keine Lösung gefunden worden, wie sowohl die Abgasnormen als auch die Kostenvorgaben für den Motor eingehalten werden konnten, schrieb das Blatt.

Daher sei die Entscheidung gefallen, die Manipulationssoftware zu verwenden, gaben die Ingenieure laut „Bild am Sonntag“ gegenüber der internen Revision zu Protokoll. Das Unternehmen war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Volkswagen hat jedoch schon zugegeben, die Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen mit einer Software manipuliert zu haben. Nach Konzernangaben sind weltweit bis zu elf Millionen Fahrzeuge betroffen.

„Existenzbedrohende Krise“

Der designierte VW-Aufsichtsratschef, Hans Dieter Pötsch, sieht den deutschen Autobauer in einer äußerst prekären Lage. Pötsch habe bei einer internen Veranstaltung in Wolfsburg von einer „existenzbedrohenden Krise für den Konzern“ gesprochen, berichtete die „Welt am Sonntag“.

„Wir kriegen das aber hin“, wenn alle mitzögen, ergänzte er. Dem Bericht zufolge steht auch das geplante Investitionsbudget von mehr als 100 Milliarden Euro bis 2018 auf dem Prüfstand. Da sei viel Luft zum Sparen, zitierte die Zeitung einen Insider. Auch die im Sommer 2014 gestarteten Effizienzprogramme sollten noch einmal verschärft werden. VW lehnte auch dazu eine Stellungnahme ab.

Indes hat die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel (CDU), den Autobauer zu einer raschen Klärung aufgefordert. „Ich hoffe, dass VW jetzt schnell die notwendige Transparenz herstellt und die Dinge aufarbeitet“, sagte Merkel dem Deutschlandfunk in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview.

Die vor gut zwei Wochen bekannt gewordene Affäre um manipulierte Abgastests bei Dieselfahrzeugen sei „natürlich ein einschneidendes Ereignis, das nicht gut ist“, sagte die Kanzlerin. Zugleich betonte sie: „Ich glaube aber, dass die Reputation der deutschen Wirtschaft, das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft, damit nicht so erschüttert ist, dass wir nicht weiter als ein guter Wirtschaftsstandort gelten.“

Das deutsche Bundesland Baden-Württemberg will den Autobauern mit unangekündigten Prüfungen auf den Zahn fühlen. „Wir brauchen im Verkehr so etwas wie die unangemeldeten Dopingkontrollen“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Das heißt, dass die Messungen ohne Vorankündigung stattfinden sollen, damit sich niemand vorbereiten kann.“

Solche Pläne will Hermann in einem eigenen Messprogramm für Baden-Württemberg verwirklichen. Das Programm solle so schnell wie möglich starten. „Wir wollen, dass auf der Straße gemessen wird und nicht nur im Labor.“ Bei Labortests hat Volkswagen die Schummelsoftware eingesetzt und Abgaswerte verfälscht. Die Pläne für die eigenen Tests begründete Hermann auch damit, dass man das Feinstaub- und Stickoxidproblem unbedingt in den Griff bekommen wolle.

Italien prüft Dieselfahrzeuge

Auch in anderen Staaten wurden Prüfungen angekündigt. Die italienische Regierung will Dieselfahrzeuge von acht führenden Autoherstellern überprüfen lassen. In etwa zehn Tagen werde mit Abgastests bei ungefähr 80 Modellen begonnen, berichtete die Zeitung „Il Sole 24 Ore“ am Samstag unter Berufung auf Unterlagen des Verkehrsministeriums. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2015)

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