IWF-Tagung: Planlos in Lima

(c) AFP (CRIS BOURONCLE)
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Währungsfonds und Weltbank sind heute Anachronismen. Eine Reform der Institutionen wird vom Westen aber seit Jahren blockiert.

Wien. Wenn sich in den kommenden Tagen die Finanzminister und Notenbankchefs der Welt zur jährlichen Tagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank treffen, wird wohl nichts weltbewegendes passieren. Und genau das ist das Problem.

Denn den Planern der Weltwirtschaft gehen langsam die Ideen zur „Ankurbelung“ ebendieser aus. Die Zentralbanken haben ihr Pulver verschossen – und jetzt, da sie sich sehr langsam zurückziehen, wird unmissverständlich klar: Lockeres Geld kann zwar die Kurse in die Höhe treiben, echte wirtschaftliche Aktivität und Handel kann es aber nicht erzeugen.

Chinas Agenda

Was bleibt, ist die Korrektur allzu optimistischer Prognosen, wie sie der IWF selbst bereits Anfang der Woche vorgenommen hat (die „Presse“ hat berichtet). So erwartet der Währungsfonds für heuer weltweit nur noch ein Wachstum von 3,1 Prozent – wobei nur China (6,8) und die USA (2,6 Prozent) noch stabiles Wachstum verbuchen können. Die Eurozone (1,5 Prozent) hinkt zwar hinterher, kann aber zumindest mit guten Nachrichten aus Krisenländern wie Portugal und Spanien aufwarten.

Japan (0,6 Prozent) steht weiterhin praktisch still, während Russland (-0,4), Brasilien (-1,5) und Kanada (-0,5 Prozent) schrumpfen. Die Schuldzuweisungen haben schon im Vorfeld der Tagung begonnen. So will US-Finanzminister Jack Lew die übrigen Finanzminister dazu auffordern, noch mehr für die Erholung der Wirtschaft zu tun. Nachdem die Federal Reserve allein rund vier Billionen in den Markt geblasen hat – und sowohl Europa als auch Japan aktuell ohnehin fleißig mit Gelddrucken durch sogenanntes Quantitative Easing beschäftigt sind, bleibt nur noch China als Adresse für die Begehrlichkeiten Lews.

Und Peking hat bei der IWF-Tagung in Lima andere Sorgen. Denn nicht nur die Wirtschaft steht quasi still – auch das internationale Gefüge an Finanzinstitutionen kommt nicht vom Fleck. Länder wie Indien, China und Russland beklagen seit geraumer Zeit die totale Dominanz der westlichen Länder in Währungsfonds und Weltbank. Und wenn sie von „westlichen Ländern“ sprechen, meinen sie die USA – denn Europa spielt in diesen Institutionen auch nur die zweite Geige.

Heuer keine Antwort

Dass China nicht bekommen wird, was es will, steht allerdings schon fest. Eine Reform des IWF zugunsten der Schwellenländer wird von den USA seit fast sechs Jahren blockiert. Und auch die Entscheidung über die Aufnahme des chinesischen Yuan in den erlauchten Kreis der Reservewährungen wurde bereits ins nächste Jahr vertagt.

Aber immerhin: Aus Washington kommen in diesem Zusammenhang inzwischen versöhnliche Töne. Der Yuan, der den japanischen Yen inzwischen in seiner Bedeutung überholt hat, wird 2016 wohl wirklich in den Status einer Weltwährung erhoben – und dann mit Dollar, Euro, Pfund und Yen auf einer Stufe stehen.

Bleibt die Frage, ob China das dann noch groß interessiert. Peking hat längst mit dem Aufbau von Alternativen zu Weltbank und IWF begonnen. Mit der Asiatischen Infrastruktur-Investmentbank, an der sich auch viele europäische Länder beteiligt haben, hat man Fakten geschaffen. Das Zeitalter der unipolaren westlichen Dominanz bei den internationalen Institutionen ist vorbei. Eine Reform von Weltbank und IWF wäre eine Antwort – die aber in Lima ausbleiben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2015)

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