Bilanzputz bei Deutsche Bank erfreut Börse

Die Aktionäre der Dt. Bank fassten nach einem kurzen Schock wieder Vertrauen.
Die Aktionäre der Dt. Bank fassten nach einem kurzen Schock wieder Vertrauen.(c) AFP (DANIEL ROLAND)
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Im dritten Quartal muss die Bank mehr als sechs Mrd. Verlust vermelden. Da es zu keiner Kapitalerhöhung kommt, blieb die Aktie stabil.

Wien. An der Börse die Nerven wegzuwerfen ist nicht immer die beste Strategie. Diese Lektion mussten Aktionäre der Deutschen Bank lernen, die Donnerstagfrüh vor Öffnung der Frankfurter Börse einen Verkaufsauftrag erteilt hatten. Wenige Stunden zuvor – kurz vor Mitternacht – hatte die größte deutsche Bank nämlich bekannt gegeben, dass sie im dritten Quartal den Rekordverlust von 6,2 Mrd. Euro vermelden muss. Mehr als in der Hochphase der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009. Dies führte bereits nachbörslich zu einem Absturz der Aktie um gut sieben Prozent.

Donnerstagfrüh eröffneten die Papiere der Deutschen Bank dann auch, wie allgemein erwartet, mit einem Minus von mehr als zehn Prozent. Aber schon in den ersten Stunden beruhigte sich die Situation, bereits am Vormittag war das Minus vollständig wettgemacht, und die Aktie notierte sogar mit zwei Prozent im Plus – am Nachmittag pendelte sie dann wieder rund um die Nulllinie.

Doch warum fassten die Investoren nach einem kurzen – und für einige wohl sehr teuren – Schockmoment wieder Vertrauen in die Deutsche Bank? Und dies, obwohl nicht nur der Verlust ein neues Rekordniveau erreicht hat, sondern auch die Dividende erstmals seit den 1950er-Jahren ausfallen wird, wie die Bank ebenfalls bereits mitteilte.

Zwei Gründe werden von Beobachtern als Antworten genannt. Erstens zeige der rigorose Bilanzputz des erst im Juli angetretenen neuen Chefs, John Cryan, dass auch Bereiche wie das Investmentbanking angegangen werden, die bislang unter einem besonderen Schutz von Cryans Vorgänger, Anshu Jain, gestanden sind. Und zweitens – und noch wichtiger – gebe es keinerlei Hinweise, dass die Bank eine Kapitalerhöhung braucht, um ihre Kapitalquote zu erfüllen. Diese war nämlich von vielen Aktionären befürchtet worden. Sie hätte nicht nur die Anteile der Alteigentümer verwässert, sie wäre aufgrund des schwierigen Börsenumfelds und eines Kursniveaus in der Nähe des Fünfjahresminus wohl nur mit einem ordentlichen Rabatt durchzuführen gewesen.

Eigenkapital bleibt erhalten

Dass diese Kapitalerhöhung nicht notwendig ist, hängt aber auch mit der Zusammensetzung des Milliardenverlusts zusammen. Nur 1,2 Mrd. davon sollen gegen das regulatorische Eigenkapital schlagend werden. Dabei handelt es sich um Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten – etwa aufgrund des Libor-Skandals oder des Verdachts der Geldwäsche von Bankkunden in Russland. Für diesen Posten wurden in den ersten neun Monaten bereits vier Mrd. Euro zurückgestellt.

Bei dem weit größeren Teil der Abschreibungen von insgesamt 7,6 Mrd. Euro handelt es sich jedoch um Wertberichtigungen bei Firmenwerten. Diese werden in Summe um 5,8 Mrd. Euro reduziert, weil etwa das Investmentbanking nicht mehr so lukrativ ist und für die zum Verkauf stehende Postbank lediglich mit einem Erlös von vier Mrd. Euro gerechnet wird, das Institut aber noch mit sechs Mrd. Euro in den Büchern steht. Diese Abschreibung fällt beim regulatorischen Eigenkapital jedoch nicht ins Gewicht, da Firmenwerte bei diesem schon bisher abgezogen werden mussten.

Daher wird die Deutsche Bank vorerst ohne Kapitalerhöhung auskommen, so die Erwartung der Aktionäre. Und da sei auch der Ausfall der Dividende zu verkraften. Weniger Geld wird es aber auch für die Mitarbeiter der Deutschen Bank geben. So sollen die Boni gekürzt werden und auch der Arbeitsplatzabbau verschärft werden. Zusätzlich zum Verkauf der Postbank sollen bis zu 10.000 der 98.000 Arbeitsplätze wackeln. (jaz/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2015)

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