Der Goldpreis fällt, während die Nachfrage steigt

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Der Goldpreis befindet sich seit Jahren auf Talfahrt, aber die physische Nachfrage nach dem Metall steigt weiter an. Ein Grund ist die Kauflust der Chinesen, aber auch die Amerikaner greifen zu. Und die Zentralbanken stocken weiter auf.

Wien. Wenn man über den Goldmarkt nur eine Sache weiß, dann am besten diese: Die Nachfrage nach Goldmünzen und -barren ist seit der Finanzkrise weltweit sprunghaft in die Höhe gegangen – und bisher dort geblieben. Kauften die Menschen im Jahr 2007 „nur“ rund 400 Tonnen Gold, waren es 2008 schon 900 Tonnen, wie die Daten des World Gold Council (WGC) zeigen.

2011 waren es schon fast 1600 Tonnen – und 2013, als der Preis längst im Fallen begriffen war, sogar fast 1800 Tonnen. Darauf folgte ein Fall auf etwas mehr als 1000 Tonnen im Jahr 2014 – immer noch mehr als doppelt so viel wie vor der Krise. Diese Zahlen beinhalten allerdings weder die Nachfrage nach Schmuck, die in Asien besonders hoch ist, noch beinhalten sie die Käufe der Zentralbanken, die ihre Goldreserven ebenfalls seit Jahren aufstocken.

Alles zusammengenommen wird der Goldbedarf heuer gegenüber dem Vorjahr leicht steigen, so das WGC am Donnerstag. Im dritten Quartal dieses Jahres war die Nachfrage mit insgesamt 1121 Tonnen so hoch wie seit zwei Jahren nicht mehr – und rund acht Prozent über den Daten des Vorjahres. Die Nachfrage nach Münzen und Barren stieg im dritten Quartal gar um 33 Prozent, jene nach Schmuck um sechs. Getrieben wurde der Markt vor allem von drei Faktoren: China, Amerika und den Zentralbanken. In China gehört der Goldkauf seit jeher zum guten Ton.

US-Nachfrage steigt gewaltig

Anders als im Westen greifen die Chinesen aber besonders gerne zu, wenn der Preis gefallen ist. Die überraschende Abwertung des chinesischen Yuan und die Probleme an den Börsen haben aber sicherlich auch eine Rolle gespielt. „Gold wird immer das Asset der Wahl für chinesische Investoren und Sparer sein“, sagte Alistair Hewitt, Chef der Marktanalyse beim World Gold Council.

„Der Fall des Preises, die Probleme an den Aktienmärkten und die Abwertung des Yuan haben die Erwartungen der Menschen verändert – und als Ergebnis haben wir einen Anstieg der Nachfrage nach Barren, Münzen und Schmuck gesehen.“ „Schmuck“ ist in diesem Zusammenhang allerdings eine verwirrende Kategorie. Während westliche Investoren beim Gold am ehesten auf Münzen, Barren oder Investmentprodukte (sogenanntes Papiergold) setzen, kaufen Asiaten und Araber seit jeher Schmuck, der meist nahe dem Rohstoffpreis des Goldes angeboten wird. Allerdings: Während die an den Börsen gehandelten „Papiergold“-Produkte wie sogenannte Exchange Traded Funds rapide an Popularität verlieren, haben sich auch die US-Amerikaner zuletzt auf physisches Gold gestürzt wie seit der Finanzkrise nicht. Die Nachfrage nach Barren und Münzen ist in den Vereinigten Staaten im Vergleich zum Vorjahr um 200 Prozent (!) angestiegen. Insgesamt wurden in den USA im dritten Quartal rund 33 Tonnen im Wert von 1,2 Mrd. Dollar gekauft.

China und Russland kaufen zu

All das geschieht, während der Goldpreis unter 1100 Dollar pro Unze steht – und angesichts eines bevorstehenden Zinsschritts der Federal Reserve im Dezember noch weiter fallen dürfte. Aber das erzählt freilich nur einen Teil der Geschichte, denn, wenn Gold fällt, weil der Dollar steigt, dann fällt das Metall in Euro und Yuan deutlich weniger. In manchen Ländern, in denen die Inflation besonders hoch ist, ist auch Gold derzeit besonders teuer.

Und dann sind da auch noch die Zentralbanken. Sie kaufen auf einer globalen Basis seit Jahren zu – ein Trend, der länger anhalten dürfte, denn gerade Russland sowie asiatische Länder wie Kasachstan und China haben großen Aufholbedarf. Netto haben die Zentralbanken im vergangenen Quartal rund 175 Tonnen Gold gekauft – fast so viel wie im selben Quartal im Vorjahr. Damals wurden rund 180 Tonnen gekauft – ein Rekord.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2015)

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