Konjunktur: Erneute Rezession in Japan

File photo of an employee of a foreign exchange trading company working between the national flags of Japan and the U.S. in Tokyo
File photo of an employee of a foreign exchange trading company working between the national flags of Japan and the U.S. in Tokyo(c) REUTERS (© Yuya Shino / Reuters)
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Die Investitionszurückhaltung der Firmen lässt Japans Wirtschaft erneut schrumpfen. Die Regierung bleibt aber optimistisch.

Wien. Den kontinuierlichen Rückfall der eigenen Volkswirtschaft in schwaches Wachstum ist man in Europa ja schon seit ein paar Jahren gewöhnt. In Japan scheinen sich die Menschen nun aber an den regelmäßigen Rückfall in eine Rezession gewöhnen zu müssen. So verkleinerte sich die Leistung der japanischen Wirtschaft im dritten Quartal – auf Jahresbasis berechnet – um 0,8 Prozent, wie die Regierung des Landes am Montag mitteilte. Da die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt zwischen Anfang April und Ende Juni bereits ebenfalls geschrumpft ist, befindet sich das Land nun auch offiziell wieder in einer Rezession.

Jedes Jahr eine Rezession

Damit hat Japan nun bereits die zweite offizielle Rezession innerhalb von nur zwei Jahren. Denn auch im Jahr 2014 ging die Wirtschaftsleistung in dem Land sowohl im zweiten als auch im dritten Quartal zurück. Auslöser war damals die Anhebung der Mehrwertsteuer von fünf auf acht Prozent. Damit sollte die ausufernde Staatsverschuldung eingebremst werden, die durch die Konjunkturprogramme der vergangenen Jahre per Ende 2013 auf 240 Prozent des BIPs getrieben worden ist, wieder etwas eingedämmt werden. Die Folge der Steueranhebung war jedoch ein Konsumstreik der Japaner, der die Volkswirtschaft – die zu 60 Prozent vom privaten Verbrauch der Bewohner abhängt – eben in die Rezession zog.

Diesmal ist es die allgemeine Schwäche der globalen Wirtschaft und die besondere Schwäche Chinas, die vor allem die Investitionsbereitschaft der japanischen Unternehmen reduziert. Diese verringerten ihre Ausgaben für neue Maschinen oder Forschung und Entwicklung im dritten Quartal um 1,3 Prozent. „Die japanische Wirtschaft ist schwach. Und diese Schwäche ist eine Folge der chinesischen Schwäche“, sagt dazu Daiju Aoki, ein in Tokio beheimateter Ökonom der Schweizer Großbank UBS. „Die Unternehmen sind nach wie vor unsicher, ob die Wirtschaft flexibel genug ist, diese schwächere Nachfrage aus dem Ausland durch mehr inländischen Konsum auszugleichen.“

Bestärkt wird diese Unsicherheit dadurch, dass eines der ökonomischen Ziele der Regierung von Premierminister Shinzo Abe langsam Realität zu werden scheint. Denn aufgrund der Anfang 2013 begonnenen Geldschwemme steigt nun – wie gewünscht – die Inflation in Japan nach Jahren der stetig wiederkehrenden Deflation endlich an. Dies beendet zwar den Teufelskreis der Investitionszurückhaltung (um auf niedrigere Preise zu warten). Gleichzeitig erschwert die Inflation es den Konsumenten jedoch, ihre Konsumausgaben weiter zu steigern, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Abseits dieser Eindämmung der Deflation gilt die von Abe seit seinem Amtsantritt im Dezember 2012 betriebene Politik jedoch weitgehend als gescheitert. So verpufften die milliardenschweren Konjunkturprogramme ohne langfristig positive Effekte entfalten zu können, wie der aktuelle Rückfall in die Rezession zeigt. Als Grund dafür wird von den meisten Ökonomen einhellig genannt, dass Abe zwar den ersten Teil seiner Strategie – Geldflut und Konjunkturprogramme – schnell und rigoros umgesetzt habe; den zweiten, ebenso wichtigen Teil – die notwendigen Reformen bei Arbeitsmarkt oder Verwaltung – bisher aber schleifen ließ.

Baldige Rückkehr ins Plus?

Die Regierung zeigte sich am Montag aber dennoch optimistisch, dass das Land noch heuer im vierten Quartal wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren werde. Und auch für das Gesamtjahr könne sich sogar noch ein Plus ausgehen. Grund dafür ist, dass Japan im ersten Quartal außerordentlich stark gewachsen ist – und zwar um (auf Jahressicht gerechnete) 4,5 Prozent. Gleichzeitig reduzierte sich gegenüber den ersten Schätzungen aus dem Sommer auch die Schwere des Rückgangs. Erwartete man damals für das zweite Quartal noch ein Minus von 1,6 Prozent, zeigten die aktuellen Zahlen „nur“ noch ein Schrumpfen um 0,7 Prozent. (jaz/Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2015)

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