Verkehrte Welt: Deutschland verdient Geld mit Schuldenmachen

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25 06 2015 Geldscheine Symbolbild 25 06 2015 Geldscheine Symbolbild 25 06 2015 Geldscheine Symbimago/MiS
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Schon seit Jahren profitiert der deutsche Fiskus von extrem niedrigen Zinsen. Vergangene Woche verdiente er mit Anleihen 32,5 Mio. Euro.

So schön war die Schuldenaufnahme für den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble noch nie: Knapp 4,1 Miliarden Euro hat sich der Bund am vergangenen Mittwoch für zwei Jahre geliehen. Die Rendite, also quasi der Anleihezins, lag bei minus 0,38 Prozent. Das ist die niedrigste jemals vom Bund erzielte Rendite bei dieser Laufzeit. So verrückt es auch klingen mag: Mit der Aufnahme von Schulden kann man Geld verdienen. Der deutsche Staat lässt sich also von seinen Gläubigern dafür bezahlen, dass er sich bei ihnen verschuldet. Wie kann das sein?

Sofort 32,5 Millionen Euro geliehen

Anleihen funktionieren etwas anders als Kredite. Im Unterschied zum Kreditzins werden die Anleiherenditen teilweise direkt beim Verkauf der Anleihe beglichen. Daher erhielt der deutsche Staat vergangene Woche sofort 32,5 Millionen Euro mehr als er in zwei Jahren zurückzahlen muss. Zusätzliches Geld, das direkt in Schäubles Kassen fließt.

Schon seit Jahren profitiert der deutsche Fiskus von extrem niedrigen Zinsen. Laut Ökonomen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat der Bund durch die Niedrigzinsen seit 2010 mittlerweile Einsparungen in Höhe von rund 100 Milliarden Euro erzielt. Seit Sommer 2014 werfen zweijährige Bundesanleihen Zinsen im negativen Bereich ab, zurzeit auch bei längeren Laufzeiten von bis zu sechs Jahren.

Und ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht: Schon seit Tagen war die Rendite auf zweijährige deutsche Staatspapiere im freien Handel von einem Rekordtief zum nächsten gesunken. Auch bei längeren Laufzeiten geht es nach unten, wenn auch weniger stark.

Analyst. "Rediten können weiter fallen"

Die angeschlagene Sicherheitslage in Europa und die europäische Geldpolitik übten weiteren Druck aus, meint Jan Bottermann, Analyst bei der National-Bank in Essen. "Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass die Renditen in Deutschland weiter fallen können."

Aber warum machen die Investoren das eigentlich mit? Das liegt vor allem an der Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank hält ihren Leitzins nahe Null, seit März kauft sie zudem monatlich Wertpapiere im Volumen von durchschnittlich 60 Milliarden Euro. Und EZB-Präsident Mario Draghi will die Geldschleusen noch weiter öffnen. Neben einer Ausweitung der Anleihenkäufe steht eine weitere Absenkung des sogenannten Einlagensatzes zur Debatte. Das ist der Zinssatz, den Banken für überschüssiges Geld erhalten, das sie bei der EZB parken. Normalerweise. Denn derzeit liegt der Satz mit minus 0,2 Prozent im negativen Bereich.

Viele wollen kein Risiko eingehen

Draghis Kalkül ist klar: Mit den Negativzinsen will er die Banken dazu bringen, ihr überschüssiges Geld an Unternehmen zu verleihen statt es bei der EZB zu parken. So soll die schwächelnde Wirtschaft angekurbelt werden. Offenbar wollen viele Investoren aber partout keine Risiken eingehen. Angesichts der Aussicht auf einen weiter sinkenden Einlagensatz wählen sie den deutschen Staat als sicheren Hafen und nehmen auch hier Verluste in Kauf. So fließt das billige Geld zum Teil direkt in Schäubles Staatskasse.

(APA/dpa)

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