Abschied von Brokerjet kostet Kunden Nerven

(c) Michaela Bruckberger
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Die Plattform Brokerjet wurde eingestellt, Kunden fürchten Schäden durch Chaos beim Depotwechsel.

Wien. Brokerjet, den Onlinebroker der Erste Bank, gibt es nicht mehr: „Das Brokerjet-Service wurde mit 30. November 2015 eingestellt. Wir danken Ihnen für Ihre Treue und das entgegengebrachte Vertrauen in den vergangenen 15 Jahren“, heißt es dazu auf der Homepage der Plattform (www.brokerjet.at).

Wer bisher über diese Plattform Wertpapiere gehandelt hat, braucht also ein neues Depot. Zumindest einige Kunden erlebten bei der Übertragung auf ein solches aber böse Überraschungen.

Ein Betroffener – ein langjähriger zufriedener Brokerjet-Kunde, wie er betont – wollte zu Flatex wechseln. Laut den Unterlagen, die der „Presse“ vorliegen, gab Flatex am 27. Oktober Brokerjet den Auftrag, das Guthaben und die Aktien dieses Kunden auf das neue Depot zu übertragen. Bis heute sei das aber nicht erfolgt – alles liegt weiterhin bei Brokerjet, mit der Folge, dass der Kunde nun nicht mehr frei über seine Aktien verfügen kann. Die einzige Verfügung, die Brokerjet nach wie vor ermöglicht, ist ein Verkauf von Wertpapieren – auch das steht auf der Homepage. Dispositionen zur Absicherung können aber beispielsweise nicht mehr getroffen werden. Und auch über sein Cashguthaben kann der Kunde nicht disponieren.

Als Alternative zum Wechsel zu einem externen Institut sei ihm auch die Übertragung auf ein Erste-Bank-Depot angeboten worden, berichtet er weiter – das wäre wohl rascher gegangen. Wegen der höheren Spesen habe er sich jedoch dagegen entschieden.

In einem anderen Fall erfolgte zwar die Übertragung zur anderen Bank, einzelne Positionen aus dem Depot landeten dabei aber im Nirwana: Bei der neuen Depotbank scheinen sie nicht auf – und bei Brokerjet ist gar nichts mehr vorhanden.

„Werden alles aufklären“

Bei der Erste Bank betont man auf „Presse“-Anfrage, man nehme diese Vorfälle sehr ernst, wolle nichts unter den Tisch kehren und verstehe den Ärger der Betroffenen. Man sei bemüht, jeden einzelnen dieser Fälle bis ins letzte Detail aufzuklären. Es handle sich aber um ein sehr komplexes Thema, zudem seien auch andere Institute (die neuen Depotbanken) involviert. Für betroffene Kunden stellt sich nun die Frage, wer für Schäden haftet, die etwa dadurch entstehen, dass man tagelang nicht über seine Wertpapiere disponieren kann.

Aufgeworfen wurde auch die Frage, ob die Kündigungsfrist, die den Kunden für die Übertragung ihrer Depots zur Verfügung stand, nicht zu kurz ausfiel. Die Erste Bank gab bereits im Vorjahr ihre Fusion mit ihrer bisherigen Tochter Brokerjet bekannt; dass die Geschäftsbeziehung mit den Brokerjet-Kunden gekündigt würde, teilte sie diesen Mitte Juli 2015 per E-Mail mit. Da die Kündigung in die Urlaubszeit fiel, erfuhren viele aber erst später davon. „Die Presse“ wird weiter berichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2015)

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