Chinas Konsumenten als Retter der Wirtschaft?

(c) Bloomberg (David Paul Morris)
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Eine junge Generation wohlhabender Chinesen soll laut einer Studie Chinas Privatkonsum bis 2020 um die Hälfte steigern.

Wien. China steht eine ungewisse Zukunft bevor. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt kämpft nach jahrelangem Wirtschaftsboom mit einem deutlichen Konjunkturabschwung, die zweistelligen Wachstumszahlen sind vorerst Geschichte. Die konjunkturell unruhige Großwetterlage lässt viele Ökonomen daran zweifeln, dass das von der Regierung Anfang November vorgegebene Wachstumsziel von 6,5 Prozent in den kommenden Jahren erreicht werden kann.

Doch Rettung naht laut einer aktuellen Studie der Boston Consulting Group (BCG) vonseiten der chinesischen Verbraucher. Man räumt zwar ein, dass derzeit auch die Konsumkraft im Land schwach sei. Erst vergangene Woche vermeldete der Einzelhandel einen geringeren Zuwachs als noch 2014, womit der Privatkonsum die Exportschwäche laut dem chinesischen Handelsministerium wohl 2015 nicht mehr ausgleichen könne.

Doch die Stimmung soll sich bis 2020 laut BCG grundlegend drehen. Bis dahin, schätzen die Studienautoren, wird der chinesische Privatkonsum auf 6,5 Billionen Dollar klettern. Träfe das zu, würde die Summe konsumierter Waren in den kommenden fünf Jahren um mehr als die Hälfte wachsen. Diese Steigerung wäre größer als der gesamte Konsum in Deutschland oder Großbritannien im Jahr 2020. Die Autoren gehen sogar noch einen Schritt weiter und legen ihrer optimistischen Fünfjahresprognose ein jährliches Wirtschaftswachstum von lediglich 5,5 Prozent zugrunde.

Motor dieses Booms soll eine neue Generation junger, gut situierter, im Umgang mit Onlinemedien versierter Chinesen sein. Die Zahl der Haushalte der oberen Mittelschicht mit einem Jahreseinkommen zwischen 24.000 und 46.000 Dollar würde sich bis 2020 auf 100 Millionen – einem Drittel aller urbanen Haushalte Chinas – verdoppeln und für 81 Prozent des Konsumzuwachs sorgen. Gleichzeitig würden die heutigen unter 35-Jährigen aus der gehobenen Mittelschicht 40 Prozent mehr ausgeben, als es ihre Elterngeneration bei gleichen Einkommensverhältnissen tat, und im Jahr 2020 mehr als die Hälfte aller Konsumgüter nachfragen. Das geschehe aber wiederum zum Großteil via Onlinehandel, der bis 2020 über 40 Prozent der Nachfragesteigerung ausmache.

Nicht nur Peking und Shanghai

Unternehmen, die in Fernost nachhaltig erfolgreich sein wollen, so das Fazit der BCG-Studie, müssten sich den grundlegenden technologischen, sozialen sowie demografischen Umbrüchen anpassen.

Beispielsweise müssten Firmen ihre Fühler abseits der großen Metropolen ausstrecken, da die neue obere Mittelschicht in kleinen Städten am stärksten wachse – um nur 80 Prozent dieser Zielgruppe zu erreichen, müsse man in Zukunft in 430 chinesischen Städten präsent sein. Eine Firmen-Dependance in Peking oder Shanghai allein reicht dann nicht mehr. Und der perfekte Online-Auftritt sei bei diesen neuen, anspruchsvolleren Konsumenten ebenso unerlässlich wie etwa ein stärkerer Fokus auf die Dienstleistungs- und Luxusgüterbranchen. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2015)

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