Deutschland: Henkel-Chef wechselt zu Adidas

Henkel-Kurs runter, Adidas-Kurs rauf: Börsianer feiern Topmanager Rorsted.
Henkel-Kurs runter, Adidas-Kurs rauf: Börsianer feiern Topmanager Rorsted.(c) Bloomberg (Chris Ratcliffe)
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Turnschuhe statt Waschmittel: Kasper Rorsted wirft beim Konsumgüterkonzern Henkel überraschend das Handtuch. Sein Nachfolger steht fest. Aber was steht dahinter?

Wien. Das Votum der Börsianer war eindeutig. Am Montagmorgen gab Henkel überraschend bekannt, dass Chef Kasper Rorsted „auf eigenen Wunsch“ den Konsumgüterkonzern verlasse. Sein Nachfolger wird Hans Van Bylen, der seit 2005 die größte Sparte, Klebstoffe, verantwortet. Kurz darauf meldete Adidas, dass Rorsted künftig die Geschicke von Europas größtem Sportartikelhersteller leiten werde. Herbert Hainer, der dienstälteste DAX-Chef, ziehe sich für ihn früher als geplant zurück. Die Folge auf dem Finanzmarkt: Die Henkel-Aktie brach um fast vier Prozent ein, das Adidas-Papier legte um über fünf Prozent zu. Die beiden Titel waren gestern klarer Anführer und Schlusslicht im deutschen Börsenindex. Lauter hätte der Abschieds- und Auftrittsapplaus für Rorsted kaum ausfallen können.

Dass die von Erfolgen verwöhnten Aktionäre den Dänen lieben, kann nicht verwundern. Kosten senken, Schulden abbauen, Effizienz erhöhen, schwache Marken auflassen: Mit diesem konsequent durchgezogenen Programm sorgte er in acht Jahren an der Henkel-Spitze dafür, dass die Gewinnmarge von zehn auf 16 Prozent stieg – und damit auf das Niveau der global viel größeren Mitbewerber Procter & Gamble und Unilever. So verdreifachte der heute 53-Jährige den Börsenwert und garantierte stetig hohe Dividenden.

Dennoch wollte der strategisch orientierte Teil der Henkel-Erbengemeinde, die 129 Mitglieder zählt und 61 Prozent der Stammaktien hält, dem Erfolgsmanager zuletzt keinen Persilschein mehr ausstellen. Denn seine Devise „Rendite statt Risiko“ ließ das Potenzial stagnieren. Die Umsätze wuchsen nur moderat. Kräftige Investitionen in Hoffnungsmärkten, die in den ersten Jahren hohe Verluste bringen, blieben aus. So konnte Henkel in den meisten Schwellenländern Asiens, Afrikas und Südamerikas nicht richtig Fuß fassen.

Auch mutige Zukäufe fehlen, obwohl genügend Kriegskasse bereitstünde. So verpasste Henkel im Vorjahr die Gelegenheit, den Schweizer Klebstoffkonkurrenten Sika zu kaufen. Auch bei der geplanten Übernahme der Procter-Friseurmarke Wella gab es einen Rückzieher – zu riskant, zu teuer. Doch bei den Kostenkennzahlen ist der Spielraum bald ausgereizt. Der in Europa so starke Waschmittel-, Kosmetik- und Klebstoffkonzern braucht eine neue Zukunftsperspektive. Für den anstehenden Strategiezyklus 2017 und 2020 soll nun Van Bylen seine Handschrift einbringen. Der Belgier ist ein Henkel-Urgestein, seit 1984 arbeitet er für die Düsseldorfer. Damit signalisiert die Bestellung des 54-Jährigen auch Kontinuität für verunsicherte Aktionäre. Vorschusslorbeeren aus Frankfurt mussten freilich ausbleiben – dazu glänzte der Stern seines Vorgängers noch bis zuletzt zu stark.

„Frischer Wind“ für Adidas

Bei Adidas – mit 14,5 Mrd. Euro Umsatz (2014) nicht viel kleiner als Henkel – warten auf Rorsted genug neue Baustellen. Zwar überraschte Herbert Hainer, der den fränkischen Sportausrüster schon seit 2001 leitet, nach zwei schwachen Jahren zuletzt mit überraschend guten Zahlen. Aber international verlieren die Herzogenauracher weiter Terrain an den fast doppelt so großen Branchenführer, Nike.

In den USA haben sie Modetrends verpasst und leiden unter einem schwachen Golfgeschäft. In Russland gibt es Rückgänge durch Wirtschaftskrise und Rubel-Verfall. „Frischer Wind tut Adidas sehr, sehr gut“, zitiert Reuters einen Fondsmanager von Union Investments, einem größeren Anteilseigner. „Rorsted kann nun alles ohne große Vorbelastungen auf den Prüfstand stellen.“ Umgewöhnen müssen sich die Mitarbeiter wohl kaum: Ihr alter Chef gilt als ähnlich fordernd wie der neue. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2016)

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