Versicherung: Im Bann der niedrigen Zinsen

File photo of the logo of Vienna Insurance Group as seen at a branch office in Vienna
File photo of the logo of Vienna Insurance Group as seen at a branch office in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
  • Drucken

Die Vienna Insurance bekommt die Geldpolitik der Notenbanken zu spüren. Vor allem der Bereich der Lebensversicherungen ist betroffen.

Wien. Niedrige Zinsen sind nicht nur für den gemeinen Sparer ein Problem. Auch europäische Versicherungsgesellschaften hadern mit der Geldpolitik der vergangenen Jahre. Die heimische Vienna Insurance Group ist von dieser Entwicklung ebenfalls betroffen.

Im abgelaufenen Jahr kam es aufgrund der spärlichen Zinslage bei den verrechneten Prämien zu einem (vorläufigen) Rückgang von 1,5 Prozent. Schuld daran war der Bereich Lebensversicherungen. Der Konzern stieg hier bewusst auf die Bremse, wie er am gestrigen Dienstag in einer Aussendung mitteilte. Betroffen davon waren Einmalerläge (hier wird Kapital einmalig zu Laufzeitbeginn angelegt), wobei die Prämien um rund 16 Prozent sanken. Die Garantie, die Unternehmen für derlei Verträge abgeben, erscheint den Assekuranzen als zu riskant. In der Regel werden Einmalerläge für viele Jahre abgeschlossen. Auch andere Gesellschaften zeigten sich 2015 hier überaus zurückhaltend. Schließlich müssen die Versicherungen ihren versprochenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Gleichzeitig wird es für sie aber immer schwieriger, auf dem Markt die dafür notwendigen Renditen zu erzielen. Mit Staatsanleihen lässt sich kaum mehr Geld verdienen, an den Aktienmärkten ist die Renditemöglichkeit zwar größer, doch solche Wertpapiere zu kaufen, ist für Versicherungen teuer, da sehr viel Eigenkapital hinterlegt werden muss.

Die europäische Versicherungsaufsicht warnte zuletzt im Dezember, dass das gegenwärtige Niedrigzinsumfeld Druck auf die Rentabilität der Unternehmen ausübe. Die Aufsichtsbehörden sind in Sorge, weil die Verpflichtungen der Gesellschaften zunehmen könnten, ihre Vermögenswerte aber an Wert verlieren. Daher muss sich die Branche in diesem Jahr auch einem Stresstest unterziehen. Die neuen Eigenkapitalregeln namens Solvency II gelten bereits seit Jahresbeginn.

Auch die heimische Finanzmarktaufsicht hat die Unternehmen an die Kandare gelegt und die sogenannte Zinszusatzrückstellung in der klassischen Lebensversicherung eingeführt. Diese ist so berechnet, dass die Versicherungen ihre versprochenen Garantien auch bei bestehendem Zinsniveau bezahlen können. Zuletzt beliefen sich diese Rückstellungen auf 250 Mio. Euro. Bis zum Jahr 2022 ist ein Betrag von rund 1,5 Mrd. Euro vorgesehen. Je nach Zinslage kann sich der Wert aber noch ändern. Für Lebensversicherungen dürfen die Versicherungen seit Jahresbeginn jedenfalls nur noch maximal ein Prozent an Zinsen garantieren. Zuvor waren es noch 1,5 Prozent.

Ergebnis niedriger

Doch zurück zur Vienna Insurance Group. Nicht nur die niedrigen Zinsen machen der Gesellschaft zu schaffen. Zuletzt war das Unternehmen gleich mehrfach in den Schlagzeilen. Ende November überraschte die Assekuranz mit einer 195 Mio. Euro schweren Wertberichtigung auf seine IT-Systeme. Bei einer Überprüfung sei festgestellt worden, dass bestimmte Systeme oder Programmteile nicht mehr den notwendigen Anforderungen entsprechen. Dies schlägt auch auf das Ergebnis durch. Der Vorsteuergewinn sank in den ersten drei Quartalen um 60 Prozent. Die Konsensschätzung der Analysten für das Gesamtjahr beläuft sich auf plus 288 Mio. Euro (2014: 518,4 Mio. Euro). Im April werden die Zahlen präsentiert.

Anfang Dezember folgte dann der Rücktritt von Konzernvorstand Peter Hagen. Seine Nachfolgerin wurde Elisabeth Stadler. Da die strategische Ausrichtung der VIG klar sei, erwarte er sich aber keinen „strukturellen Schwenk“ des Unternehmens, sagt Bernd Maurer von der Raiffeisen Centrobank.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.