Syngeta: Chinas bisher größter Firmenkauf im Westen

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SWITZERLAND-CHINA-CHEMCHINA-SYNGENTA-TAKEOVER(c) APA/AFP/MICHAEL BUHOLZER
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43 Mrd. Dollar bietet Chinas Staatskonzern ChemChina für die Schweizer Syngenta. Es ist der bisher größte Kauf einer chinesischen Firma im westlichen Ausland.

Peking. Mit Übernahmen hat Ren Jianxin viel Erfahrung. Der Chef von ChemChina hatte Mitte der 1980er mit einem Kredit von gerade einmal 10.000 Yuan (nach heutigem Wechselkurs rund 1500 US-Dollar) einen Betrieb für Industriereinigung gegründet – mit so großem Erfolg, dass die chinesische Führung ihm in den Folgejahren mehr als 100 Chemiefabriken anvertraute. Heute beschäftigt ChemChina mehr als 140.000 Mitarbeiter. Mit einem Umsatz von derzeit rund 45 Milliarden US-Dollar (41,2 Mrd. Euro) belegt der Staatskonzern auf der Fortune-500-Liste derzeit Platz 265. Seit einiger Zeit ist Ren auch weltweit auf Einkaufstour.

Für eine Rekordsumme von 43 Milliarden US-Dollar will ChemChina den Schweizer Agrarchemieanbieter Syngenta schlucken. Der chinesische Staatskonzern will 471 Dollar je Aktie bieten. Einstimmig empfahl der Syngenta-Verwaltungsrat den Anteilseignern, das Angebot aus Fernost anzunehmen.

Aktie schoss nach oben

Sollten Aktionäre und Kartellbehörden dem Angebot zustimmen, wäre es der größte chinesische Zukauf im Ausland. Syngenta-Vorstandschef John Ramsay sprach von einem Ausbau als Weltmarktführer bei Pflanzenschutzmitteln. Und auch das Potenzial des Saatgutgeschäfts könne mit dem Kauf durch die Chinesen erheblich vergrößert werden. „Dieser Deal erhöht die Auswahlmöglichkeiten für die Landwirte.“ Prompt machte die Aktie des Basler Agrarkonzerns im vorbörslichen Handel einen Sprung um fast zehn Prozent nach oben.

Angesichts der nun gebotenen Summe wirken die jüngsten Übernahmen wie ein Klacks. Erst im Jänner hatte ChemChina für rund 300 Millionen Dollar zwölf Prozent am Genfer Rohstoffhändler Mercuria übernommen und für eine weitere Milliarde Dollar den deutschen Maschinenbaukonzern Krauss-Maffei gekauft.

Dass ChemChina über Übernahmen mit aller Kraft auf die Weltmärkte drängt, kommt nicht von ungefähr. Viele Jahre gab sich das chinesische Unternehmen mit dem heimischen Markt zufrieden. Das rasante Wachstum der chinesischen Wirtschaft brachte eine gewaltige Nachfrage nach Chemikalien, Kunststoffen und Dichtungsmaterialien etwa für die Bauindustrie mit sich. Doch Chinas Baubranche befindet sich nach Jahren der übertriebenen Expansion in einer regelrechten Krise. Und so ist auch ChemChina gezwungen, im Ausland nach neuen Märkten Ausschau zu halten.

Zugleich steckt hinter dieser Expansion eine gezielte Strategie, die die chinesische Regierung vorgegeben hat. „Schwärmt aus“, forderte die chinesische Regierung ihre Firmen auf. Und der Aufruf scheint zu wirken: Derzeit vergeht kaum eine Woche, in der nicht eine weitere Übernahme einer westlichen Marke durch ein chinesisches Unternehmen bekannt gegeben wird.

Pirelli ist bereits chinesisch

Aus Pekings Sicht setzt ChemChina diese Devise besonders vorbildlich um. Bereits seit dem vergangenen November gehört der italienische Reifenhersteller Pirelli zu 100 Prozent zu ChemChina.

Was der westlichen Konkurrenz vor allem Sorge bereitet: Hinter ChemChina steht der chinesische Staat. Und gerade in China kommen Staatskonzerne sehr viel leichter an subventionierte Darlehen. Das verzerrt den Wettbewerb gerade bei Unternehmensübernahmen erheblich. Zugleich macht ChemChina kein Geheimnis daraus, dass technologisch und im Management erheblicher Nachholbedarf besteht und sie als Investoren vor allem auf das Know-how aus sind.

Klaus Meyer von der China Europe International Business School in Shanghai sieht keinen Grund zur Sorge. „Die Motivation der Chinesen ist langfristig“, beschwichtigt der Wirtschaftsprofessor. Auch nach der Übernahme behielten ausländische Unternehmen in der Regel große Autonomie. Die Expertise zu halten, habe höchste Priorität.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)

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