Demonstration gegen Pensionsreform legt Griechenland lahm

Krawalle im Zentrum Athens: Die Polizei war im Großeinsatz.
Krawalle im Zentrum Athens: Die Polizei war im Großeinsatz.(c) APA/AFP/ARIS MESSINIS
  • Drucken

Bei der größten Demo seit Langem gingen landesweit hunderttausende Griechen auf die Straße. Fast alle Berufsgruppen beteiligten sich.

Athen. Es war eine gewaltige Menge, die sich am Donnerstag durch das Athener Zentrum wälzte, um gegen die Pläne der griechischen Regierung für eine Pensionsreform zu protestieren. Nach Schätzungen der Polizei zogen über 50.000 Demonstranten am Parlament vorbei, begleitet von einem Großaufgebot der Exekutive. Der abschließende Block von Anarchisten und anderen gewaltbereiten Formationen sorgte für kurze Krawalle: Die Vermummten begannen, Molotowcocktails gegen die Einsatzpolizei zu werfen, diese antwortete mit Tränengas und drängte die Anarchisten von den großen Boulevards des Zentrums ab, um Schäden an Banken und anderen Gebäuden zu verhindern.

Der bereits zweite Generalstreik nach Regierungsantritt der Koalition aus dem Radikalem Linksbündnis Syriza und dem rechtspopulistischen Anel unter Premier Alexis Tsipras war ein Erfolg: In allen großen Städten des Landes gab es Protestmärsche; zumindest im Athener Zentrum blieben nicht nur die Ämter und Behörden geschlossen, sondern ließen auch Freiberufler, Geschäfte und sogar die Gastronomie die Rollläden an diesem Tag herunten. Das Motto: „Wegen Streiks geschlossen.“ Zur gleichen Zeit verstärkten tausende Traktoren im ganzen Land ihre Blockaden an den großen Durchzugsstraßen des Landes. Glaubt man den martialischen Sprüchen der vielen Bauernvertreter im ganzen Land, dann war das erst der Anfang ihrer Aktionen. Am Samstag, heißt es, wollen sie Autobahnen, Grenzen, aber auch Häfen und Flugplätze des Landes lahmlegen, um den Gesetzesentwurf der Regierung für eine Pensionsreform zu verhindern.

Gewerkschaft nicht gefragt

Besonders erbost zeigten sich diesmal die Vertreter des griechischen Gewerkschaftsbundes, der nach wie vor von Führern dominiert wird, die der sozialistischen Pasok nahestehen – vor Kurzem hatte die Regierung groß verkündet, dass sie sich mit Arbeitgebervertretern auf eine Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge um eineinhalb Prozent geeinigt hätte, um Pensionskürzungen zu verhindern. Die Arbeitnehmervertreter, also die Gewerkschaft, hatte man gar nicht erst gefragt. Der Generalstreik von Donnerstag war die Antwort auf diese Kriegserklärung.

Das Absurde ist freilich, dass gegen eine Pensionsreform demonstriert wird, die noch gar nicht fix ist. Die Regierung hat lediglich Vorschläge formuliert, die nun mit den Gläubigern diskutiert werden. Die Vertreter des Gläubigerquartetts befinden sich gerade in Athen – das Tränengas, das vom Syntagma-Platz zu ihrem Hotel wehte, konnte die laufenden Gespräche aber nicht unterbrechen. Auch die Regierung ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Man sei für den Generalstreik – das stärke die Verhandlungsposition.

Die Gläubiger sind dem Vernehmen nach mit den geplanten Beitragsanhebungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, mit den starken Anhebungen für Freiberufler und Bauern nicht einverstanden – sie sollen die horizontalen Pensionskürzungen vorziehen. Die können zwar das Budget 2016, nicht aber das durch Arbeitslosigkeit und massenweise Pensionierungen in den vergangenen fünf Jahren stark defizitäre System an sich retten. (c. g.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

A man rides his bicycle as passengers ships are moored during a 24-hour general strike against planned pension reforms at the port of Piraeus
International

Schulen, Spitäler, Öffis: Generalstreik legt Griechenland lahm

Am Streik, der Donnerstagfrüh begonnen hat, beteiligen sich fast alle Berufsgruppen. Sie protestieren gegen eine geplante Pensionsreform.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.