Imitationen: Russischer Fake mit vielen Umlauten

(c) Bloomberg (Andrey Rudakov)
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Weil der Import westlicher Qualitätsprodukte verboten ist, stellen russische Firmen diese selbst her. Vermarktet werden sie auf Deutsch, was bei Kunden besser zieht.

Moskau/Wien. Schon mal Grüntäler Käse gegessen? Klingt vertraut, dürfte aber in deutschen Supermarktregalen kaum zu finden sein. Die russische Firma Cheeseart produziert den würzigen Schnittkäse nahe Moskau und vertreibt ihn unter dem deutschen Namen und mit deutscher Beschreibung.

Was seltsam anmutet, hat handfeste Gründe: Als Antwort auf die westlichen Sanktionen nämlich hatte der Kreml Mitte 2014 ein Importembargo für Agrarprodukte aus dem Westen verhängt. Das Ergebnis: Viele Käsesorten werden jetzt in Russland hergestellt. Weil aber „deutsche Qualität“ immer noch als Maßstab gilt, preisen manche Produzenten ihre Ware mit deutsch anmutenden Etiketten an. Gewissermaßen Veredelung mit scheinbar deutschen Marken.

So auch beim Grüntäler. „Gewürzkräuter – Zarte Würzigkeit, herber Blümenstand von Geschmäcken“, steht in holprigem Deutsch auf der Verpackung. Deutsche Käseliebhaber in Moskau ätzen bereits im Internet: „Viele Umlaute machen noch keinen deutschen Käse!“

Das Unternehmen habe früher Käse aus Deutschland vertrieben, doch wegen des Embargos komme die Ware nun aus Russland, so eine Sprecherin von Cheeseart zur Deutschen Presse-Agentur.

Deutschland zeigt Humor

Auskunftsfreudiger ist der Moskauer Hersteller Nelt, der in Russland die Käsemarke Schönfeld vertreibt. Vor dem Embargo habe die Firma eng mit deutschen Firmen kooperiert. „Wir wissen, wie gut die Kunden deutsche Qualität auffassen“, sagt Sprecherin Ljudmilla Nikljudowa. Daher habe Nelt sich 2011 entschieden, die neue Marke mit dem deutsch klingenden Namen Schönfeld zu registrieren.

Dass vermeintlich deutsche Marken in Russland gut ankommen, findet die deutsche Auslandshandelskammer in Moskau undramatisch. „Solange nicht echte Produktfälschung vorliegt, hat das Phänomen für mich eher eine humoristische Komponente“, sagt AHK-Sprecher Jens Böhlmann. Er sehe darin Anerkennung für deutsche Leistung. Juristisch relevant würde ein solcher Fall lediglich, wenn etwa deutsche Markennamen oder gängige Werbeslogans missbraucht würden.

Ein Grenzfall könnte Böhlmann zufolge eine Butter sein, die deutschsprachige Kunden in russischen Supermärkten mit ihrem schrägen Namen erheitert: Danke Anke. Das Hauptproblem sei, dass sie als „Deutsche Markenbutter“ angepriesen werde. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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