China „verbrennt“ 100 Mrd. US-Dollar

File photo of a Chinese national flag in front of a poster explaining the design of new 100 yuan banknote at a branch of a commercial bank in a business district in Beijing
File photo of a Chinese national flag in front of a poster explaining the design of new 100 yuan banknote at a branch of a commercial bank in a business district in BeijingREUTERS
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Um den Yuan zu stützen, baut Peking seine enormen Devisenreserven im Eiltempo ab. Noch herrscht keine Panik. Aber wie lang bleibt die Geldrüstung des Landes stark genug?

Wien/Peking. Am heutigen Montag wird in China das Jahr des Feueraffen eingeläutet. Der Legende nach verspricht es Unruhe, aber auch viel Geld. Zumindest Letzteres könnte die Volksrepublik China gut gebrauchen. Denn seit einigen Monaten greift Peking kräftig auf seine Fremdwährungs-„Notgroschen“ zurück, um eine Abwertung der Landeswährung Yuan zu verhindern. Im Jänner schmolzen die chinesischen Devisenreserven um 99,5 Milliarden US-Dollar auf 3,23 Billionen Dollar – der tiefste Stand seit drei Jahren.

Seit August verkauft die Bank of China US-Dollar und kauft Yuan zu, um die Währung zu stabilisieren. Und auch wenn das Land immer noch mit Abstand die größten Devisenreserven der Welt hat, schön langsam geht das ins Geld. Im Vorjahr schrumpfte die Kriegskasse erstmals seit 1992 – und dann gleich um eine halbe Billion Dollar.

Größte Reserven der Welt

Wie lange, fragen Investoren und Analysten, kann sich das Land das noch leisten, ohne eine massive Kapitalflucht zu riskieren?

China kämpft spätestens seit dem Sommer mit einer Krise an der Börse, einer schwächelnden Konjunktur und dem beginnenden Abfluss von Kapital aus dem Land. Rund eine Billion Dollar fand seither den Weg über die Grenze.

Das Problem: Je mehr Dollar Peking zur Stützung der eigenen Währung „verbrennen“ muss, desto höher wird die Sorge bei manchen Investoren, dass die Reserven letztlich nicht ausreichen werden. Für sie steigt der Anreiz, Yuan in Devisen zu tauschen, zusätzlich.

Auf den ersten Blick scheint diese Sorge relativ unbegründet zu sein. Mit 3,23 Billionen US-Dollar an Devisen hält Peking immer noch genug Fremdwährungen, um die Importe eineinhalb Jahre lang zu bezahlen. Deutlich länger als die empfohlenen sechs Monate. Auch alle kurzfristigen Verbindlichkeiten könnten getilgt werden. 2,5 Jahre lang könnte das Land theoretisch noch in diesem Tempo weiter Geld ausgeben, errechneten Ökonomen von Bloomberg.

Währungsschatz ist verplant

In der Realität wird sich Peking das aber nicht so lange leisten können und wollen. Denn erstens ist unklar, wie Chinas Reserven genau aussehen und wie viel davon greifbar wäre. Bekannt ist nur, dass ein guter Teil in niedrig verzinsten US-Staatsanleihen steckt und China zur stärkeren Diversifizierung zuletzt viel Gold zugekauft hat. Derzeit hält das Land etwa 1621 Tonnen des Edelmetalls.

Zweitens braucht das Land die Devisen auch für andere Verpflichtungen: Staatsschulden im Ausland wollen beglichen, Straßen und Häfen für die neue Seidenstraße, das Lieblingsprojekt der Regierung, finanziert werden. Aber nicht nur in Asien, auch in vielen anderen Teilen der Welt ist der Devisenschatz der Chinesen bereits verplant. Das Land haftet für zig Milliarden Dollar an Krediten an Staaten wie Venezuela, das seine Schuld wiederum großteils in Erdöl bezahlt.

Dennoch ist es nicht die Höhe der Devisenreserven, die Sorgen bereitet, sondern das Tempo, mit dem der Währungsschatz derzeit schmilzt. Nach 108 Milliarden Dollar im Dezember wurden im Jänner wieder beinahe hundert Milliarden Dollar verbraucht. Und das, obwohl das Land im selben Monat rund 60 Milliarden Dollar Handelsüberschuss erzielen konnte.

Zwei Billionen sind notwendig

Kurzfristig sei das ein Zeichen für großen Druck, aber kein Grund zur Panik, sagen viele Analysten. Sie hatten im Jänner sogar mit einem größeren Minus bei den Währungsreserven gerechnet. Die Maßnahmen der Regierung gegen illegale Kapitalflucht hätten offenbar Wirkung gezeigt. Mittelfristig sehe die Lage anders aus. „Das Tempo ist besorgniserregend“, sagt etwa Richard Jerram, Chefökonom der Bank of Singapore. „Es geht nicht darum, wann China bei null steht, sondern darum, wann es bei zwei Billionen Dollar steht. Das ist es, was sie in jedem Fall brauchen.“

AUF EINEN BLICK

Chinas Devisenreserven sind mit Abstand die größten der Welt. Dahinter folgt Japan mit nur einem Drittel der Fremdwährungsreserven Pekings.

Um die Landeswährung Yuan zu stabilisieren, gibt die Volksrepublik derzeit große Mengen US-Dollar aus.

Im Jänner schrumpften Chinas Fremdwährungsreserven um 99,5 Milliarden US-Dollar auf 3,23 Billionen US-Dollar. Das ist der tiefste Stand seit drei Jahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2016)

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