Finanzmarkt: Angst vor einer neuen Bankenkrise

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Milliardenverluste bei Großbanken sorgen dafür, dass sich Bank-Aktien im freien Fall befinden. Bei der Deutschen Bank gibt es sogar Zweifel, ob sie Anleihen zurückzahlen kann.

Wien. Eigentlich war es ja „nur“ ein Gewinnrückgang von 16 Prozent auf 1,7 Mrd. Euro, den die italienische Großbank UniCredit am Dienstag bekannt gab. Dennoch reichte auch schon diese Nachricht aus, dass die Anleger die Papiere des Instituts an der Mailänder Börse in so großem Stil auf den Markt warfen, dass der Handel unterbrochen werden musste. Auch auf den anderen Börsen in Asien und Europa ging der Ausverkauf vom Montag weiter – und ganz oben standen überall Bankwerte (siehe auch Seite 28).

Man fühle sich richtiggehend an den Herbst 2008 erinnert, hieß es am Dienstag mitunter bei Bankmanagern oder Börsenhändlern. Auch damals war es ein massiver Vertrauensverlust in die Finanzinstitute, der die globale Finanzkrise auslöste. Waren es einst die faulen Kredite aus dem US-Immobiliensektor, die weltweit verbreitet ihre toxische Wirkung in den Bankbilanzen entfalteten, so sind es nun die Energiebranche und China, die für Kopfzerbrechen sorgen.

Ölpreis und China als Problem

Denn schon bisher taten sich die Banken angesichts der allgemeinen Nullzinspolitik und der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung schwer, genügend Gewinne zu erwirtschaften. Kommen nun noch hohe Kreditausfälle – etwa für unwirtschaftlich gewordene Ölprojekte – hinzu, könnte es neuerlich gröbere Probleme bei vielen Banken geben, so die Angst.

Hinzu kommt, dass die Auswirkungen der ersten Finanzkrise noch lange nicht vollständig verdaut sind. So hat etwa die Schweizer Credit Suisse erst in der Vorwoche einen Milliardenverlust bekannt gegeben, weil sie eine im Jahr 2000 übernommene US-Investmentbank, deren Wert durch die Turbulenzen der vergangenen Jahre massiv gesunken ist, endgültig abgeschrieben hat. Und auch bei der Deutschen Bank setzte es Ende Jänner einen Rekordverlust von 6,8 Mrd. Euro, weil etwa Rückstellungen für Klagen notwendig wurden.

Das größte deutsche Finanzinstitut stand zuletzt überhaupt im Fokus der Aufmerksamkeit. Denn die von Bankchef John Cryan im Sommer des Vorjahres angekündigte neue Strategie will bisher nicht Tritt fassen. Und angesichts des überraschenden Rekordverlusts machten sich die Anleger zuletzt immer größere Sorgen, ob die Bank ihre Schulden in ausreichendem Maß auch tatsächlich bedienen kann. Die Kosten für Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) der Bank verdoppelten sich allein innerhalb der vergangenen Woche beinahe von 1,3 auf 2,2 Prozent.

Ungewöhnlicher Schritt

Und als die Finanzanalysten von Creditsight am Montag Zweifel daran äußerten, ob die Bank 2017 ihre ausständigen Anleihen bezahlen kann, sah sich das Frankfurter Institut zu einem mehr als ungewöhnlichen Schritt veranlasst. Am Montagabend erklärte sie öffentlich, genügend Mittel für die Rückzahlung heuer und im kommenden Jahr zu haben. Die Bank sei „grundsolide“, heißt es dazu in einem E-Mail, das Cryan am Dienstag an die zunehmend verunsicherten Mitarbeiter der Deutschen Bank versandte.

Ein wichtiger Grund für die Sorgen der Anleger ist die Art der Anleihen, die seit 2013 im Ausmaß von über 100 Mrd. Euro von den europäischen Banken ausgegeben worden sind. Dabei handelt es sich um sogenanntes Ergänzungskapital (Additional Tier 1). Diese nachrangigen Anleihen bringen den Anlegern höhere Renditen, können von den Banken jedoch bei Rückzahlungsproblemen zu Eigenkapital gewandelt werden, ohne dass dies als Insolvenz gilt.

Bei gesunden Banken gilt es daher als üblich, dass die Anleihen beim vertraglich erstmöglichen Zeitpunkt zurückgezahlt werden. Passiert dies nicht, wird das vom Markt als extrem negatives Signal aufgefasst. Im Dezember 2008 ist genau das bereits einmal vorgekommen – bei der Deutschen Bank.

AUF EINEN BLICK

Banken sind seit Jahresanfang an den globalen Börsen massiv unter Druck. Die Papiere der Deutschen Bank liegen etwa bereits unter dem Niveau zum Hoch der Finanzkrise im Jänner 2009. Grund dafür ist ein zunehmender Vertrauensverlust der Anleger in die Stabilität der Institute, der durch überraschende Rekordverluste genährt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2016)

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