Fall Madoff: Neue Spuren führen nach Wien

(c) APA (Helmut Fohringer)
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Im „Fall Madoff“ gibt es schwere Vorwürfe gegen Sonja Kohn, Gründerin der Wiener Bank Medici. Dabei geht es um umstrittene Geldflüsse von rund 40 Mio. Dollar (28,4 Mio. Euro).

New York/Wien. Im Betrugsfall Madoff gerät nun Sonja Kohn, Haupteigentümerin der jüngst geschlossenen Wiener Bank Medici, verstärkt ins Visier der Behörden. Laut „Wall Street Journal“ wird in den USA gegen Kohn unter anderem wegen des Verdachts auf Betrug ermittelt.

Die Medici-Gründerin wird verdächtigt, so genannte „Kick-back“-Zahlungen erhalten zu haben. Dabei geht es um umstrittene Geldflüsse von rund 40 Mio. Dollar (28,4 Mio. Euro). Der Anwalt von Kohn, Andreas Theiss, weist im „Presse“-Gespräch die Anschuldigungen aufs Schärfste zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der New Yorker Finanzjongleur Bernard Madoff ist diese Woche zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er hat Anleger weltweit um Milliardenbeträge betrogen. Inhaber der von der Bank Medici vertriebenen Fonds wurden um 3,5 Mrd. Dollar geprellt. Die Gelder wurden von Medici über eine Depotbank an Madoff-Firmen weitergeleitet. Kohn hatte den einstigen New Yorker Börsenstar in den 80er-Jahren kennengelernt und mit der Bank Medici den Vertrieb der Heralds-Fonds aufgebaut.

Die Behörden in den USA und Großbritannien stießen nun bei der Durchsicht der Madoff-Akten auf umstrittene Geldflüsse. Demnach soll die US-Gesellschaft „Bernard L. Madoff Investment Securities“ über einen Zeitraum von zehn Jahren in Summe 32 Mio. Dollar an die New Yorker Firma Infovaleur überwiesen haben. Laut „Wall Street Journal“ handelt es sich bei Infovaleur um ein Unternehmen, „das Sonja Kohn gehört“.

Auch in Großbritannien wird ermittelt. Laut Rechtshilfeansuchen der Londoner Behörden an Österreich soll die britische „Madoff Securities International“ fünf Jahre lang sieben Mio. britische Pfund (8,16 Mio. Euro) auf „Konten, die von Sonja Kohn kontrolliert werden,“ weitergeleitet haben.

Dafür soll „Madoff Securities“ Forschungsberichte bekommen haben. Madoff-Angestellte in London sagten jedoch aus, dass diese Berichte „ohne jeden Wert waren“. Die Ermittler in den USA und Großbritannien wollen genau wissen, wofür Kohn die Geldbeträge erhalten hat.

Sollte es sich um versteckte Provisionszahlungen für die Heralds-Fonds gehandelt haben, wäre dies unter Umständen strafbar. Laut Gerald Jarosch, Sprecher der Staatsanwaltschaft in Wien, wird auch in Österreich gegen Kohn und die Bank Medici wegen Betrugsverdachts ermittelt. Die Justiz arbeitet dabei mit den Behörden in den USA und Großbritannien zusammen.

Sammelklage in den USA

In den USA hat die Investmentfirma Repex Ventures in der Causa schon eine Sammelklage eingereicht. Repex war in den von der Bank Medici initiierten Heralds-Fonds investiert. Laut der Anklageschrift, die der „Presse“ vorliegt, habe Kohn den Investoren bewusst verschwiegen, deren Kapital in der Investmentfirma von Madoff angelegt zu haben. Außerdem habe Kohn „neue und existierende Investoren ermutigt“, weitere Gelder in die Fonds zu stecken. Dabei seien „sämtliche roten Flaggen“ ignoriert worden. So hätten bei der Bank Medici laut Repex Ventures alle Alarmglocken läuten müssen, weil Madoff „eine konstante Rendite von über zehn Prozent jährlich“ versprach und diese über zwölf Jahre hindurch – mit Ausnahme von fünf Monaten – stets lieferte.

Die eingebrachte Klage von Repex in New York richtet sich nicht nur gegen Kohn und die Bank Medici, sondern auch gegen die Bank Austria, die mit 25 Prozent an Medici beteiligt ist, und den Wirtschaftsprüfer, der für die Prüfung der Heralds-Fonds verantwortlich ist. Bank Austria und Medici weisen die Vorwürfe zurück. Laut Kohn-Anwalt Theiss sind das alles „absurde Behauptungen, die jeglicher Grundlage entbehren“. Kohn habe „persönlich sicher keine Zahlungen der Madoff-Gruppe erhalten“.

AUF EINEN BLICK

Die Behörden in Österreich, Großbritannien und in den USA ermitteln gegen Sonja Kohn, Haupteigentümerin der jüngst geschlossenen Bank Medici. Kohn wird verdächtigt, im Fall „Madoff“ umstrittene „Kick-back“-Zahlungen erhalten zu haben. Der Anwalt von Kohn weist die Anschuldigungen zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2009)

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