Öl: „Iran zahlt die Rechnung nicht“

File photo of a worker checking a valve of an oil pipe at the Lukoil company owned Imilorskoye oil field outside the West Siberian city of Kogalym
File photo of a worker checking a valve of an oil pipe at the Lukoil company owned Imilorskoye oil field outside the West Siberian city of Kogalym(c) REUTERS (SERGEI KARPUKHIN)
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Der Iran zeigt wenig Interesse, seine anlaufende Ölproduktion wieder einzufrieren. Der Vorstoß Saudiarabiens und Russlands zur Preisstützung dürfte damit wirkungslos verpuffen.

Teheran. Seit einem Monat ist der Iran, einst immerhin der zweitgrößte Erdölproduzent der Opec, die westlichen Sanktionen los. Seit einem Monat kann das Land wieder darüber nachdenken, sein Erdöl in alle Welt zu verkaufen. Und schon ist das Regime in Teheran unter Druck, es gar nicht erst zu versuchen.

Als die großen Erdölproduzenten Russland und Saudiarabien am Dienstag gemeinsam mit Katar und Venezuela verkündeten, den Ölpreisverfall stoppen zu wollen, indem sie die Produktion auf dem Niveau von Jänner einfrieren, war eines klar: Wenn diese wackelige Absichtserklärung irgendeinen Effekt haben soll, müssen auch Staaten wie der Iran und der Irak mitziehen. Ziehen andere große Ölländer nicht mit, bleibt das Abkommen von Doha eine bloße Fingerübung.

Iran will Produktion ausweiten

Am gestrigen Mittwoch wurden daher die Verhandlungen der Energie- und Ölminister in der iranischen Hauptstadt Teheran fortgesetzt.

Große Hoffnungen auf eine weitreichende Einigung gab es nicht. Der Irak zeigte sich zwar durchaus gesprächsbereit, ist allerdings auch in einer weitaus komfortableren Situation als der Iran. So wie die vier Staaten, die tags zuvor ihren „großen Wurf“ präsentiert haben, produziert der Irak derzeit so viel Erdöl wie nie zuvor. Im Jänner waren es 4,35 Millionen Fass Erdöl am Tag, berichtet die Internationale Energieagentur. Das Einfrieren der Produktion bedeutet an dieser Stelle nicht mehr, als erst das Gaspedal bis zum Boden durchzutreten und dann zu versprechen, jetzt aber wirklich nicht mehr schneller zu werden.

Einen echten Unterschied könnte daher nur der Iran machen, sind sich Beobachter einig. Das Land zeigt allerdings wenig Interesse, nach dem Ende der westlichen Sanktionen gleich wieder auf zusätzliche Einnahmen aus dem Erdölexport zu verzichten.

„Den Iran zu bitten, seine Ölproduktion einzufrieren, ist unlogisch“, sagte der iranische Opec-Vertreter Mehdi Asali am Mittwoch. In der Zeit der Sanktionen hätten andere Staaten ihre Produktion erhöht und damit den Preisverfall verursacht. „Warum sollen wir jetzt kooperieren und den Preis dafür bezahlen?“

Die iranische Regierung hat bereits mehrfach angekündigt, die Ölproduktion um eine Million Fass am Tag ausweiten und sich seinen alten Marktanteil wieder zurückkämpfen zu wollen. Die ersten Lieferungen nach Europa sind bereits unterwegs. Auch chinesische Firmen haben bereits Öllieferungen aus dem Iran gebucht.

2012 exportierte das Land rund 2,5 Millionen Fass Erdöl am Tag. Die Sanktionen zwangen das Regime dazu, die Exporte auf 1,1 Millionen Fass zu reduzieren. Spätestens in einem Jahr will Teheran wieder auf altem Niveau sein. Bis dahin sei jedes Gespräch über Produktionskürzungen oder auch nur das Einfrieren der Fördermenge sinnlos.

Opec löst sich selbst auf

Für den Ölmarkt bedeutet das nichts Gutes. Schon heute produziert die Welt eine Million Fass Öl am Tag, die niemand verbraucht, die Lagerstände sind auf Rekordniveau. Schuld daran sind auch die finanziell gebeutelten Erdölmächte. Seit das Ölkartell Opec vergangenen Dezember seine Förderquoten quasi über Bord geworfen hat, ist der Ölpreis um ein weiteres Viertel gefallen.

Während kleinere Mitgliedsländer wie Venezuela, Brasilien oder Nigeria mit aller Kraft für die Eindämmung der Förderung eintreten, hält Saudiarabien den Ölhahn weiter offen. Der heimliche Anführer des Kartells fürchtet um Marktanteile, sollte die Opec die Produktion wirklich zurückfahren.

Viel ist von der einst mächtigen Organisation erdölexportierender Länder (Opec) nicht übrig geblieben. Selbst die Macht der Saudis beschränkt sich mittlerweile darauf, die Produktion auf gleichem Stand zu halten, um so dem Iran ein wenig Raum für sein Comeback auf dem Ölmarkt zu verschaffen, spekulieren Beobachter. Dem Vernehmen nach sollen dem Land gesonderte Bedingungen zugesichert werden, um Teheran doch noch zum Einlenken zu bewegen. Andere große Ölförderländer wie die USA sind ohnedies nicht bereit, ihre Förderung einzuschränken.

Das erste weltweite Abkommen der alten Ölmächte seit 15 Jahren rückt damit in weite Ferne. Damals überzeugte Saudiarabien Mexiko, Norwegen und Russland, ihre Produktion zurückzufahren. Der Erfolg war bescheiden. Russland nutzte die Lücke und steigerte seine Exporte.

AUF EINEN BLICK

Am Dienstag verkündeten die großen Erdölproduzenten Russland und Saudiarabien, den Ölpreisverfall stoppen zu wollen, indem sie die Produktion auf dem Niveau vom Jänner einfrieren. Aber nur wenn der Iran und der Irak mitziehen, hat dies einen Effekt. Am gestrigen Mittwoch verhandelten daher die Energie- und Ölminister in der iranischen Hauptstadt Teheran, bislang ohne Einigung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2016)

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