Holz: Der Platzhirsch im Visier

(c) Clemens Fabry
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Der österreichische Holzbetrieb Schweighofer wird in Rumänien massiv attackiert. Dabei sieht er sich selbst als Vorreiter gegen Holzklau.

Radauți/Suceava. Vereinzelt säumen streunende Hunde die holprige Straße durch die nordrumänische Weite entlang der ukrainischen Grenze. Der Wind fegt ihnen durch das Fell an der Stelle, wo sie noch eines haben. Ab und an bremst ein Pferdefuhrwerk den Verkehr, der zur Schonung der Autos ohnehin langsamer fließt, als es die Ausdehnung des Landes erfordern würde. Hier, wo schon das Habsburger-Reich zur Sicherung seiner Außengrenze ausgiebig in die Infrastruktur investiert hat, ragen heute die Produktionshallen österreichischer Holzverarbeiter in den Raum. Und genau hier, wo die imposanten Moldau-Klöster als von Menschenhand gemachtes Unesco-Welterbe der Kultur die Landschaft bereichern, tobt plötzlich ein heißer Konflikt um die waldreiche Natur.

Im Zentrum des Zwistes: die Holzindustrie Schweighofer. Seit vielen Jahren mit knapp 3000 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber der Region, befindet sich der österreichische Betrieb neulich in einem Krieg mit gleich mehreren Fronten, deren Eröffnung und Verlauf auch bei genauem Hinsehen kein eindeutiges Bild ergeben.

Konzentrierte Attacken

Dabei sind die Vorwürfe bunt. Und auch die Riege der Gegner ist groß: Zum einen die Umweltschutzorganisationen Environmental Investigation Agency (EIA) aus den USA und der internationale World Wide Fund (WWF), die vor allem behaupten, Schweighofer kaufe auch illegal gefälltes Holz für seine fünf Betriebe zu und trage so zum angeblich großflächigen Holzklau im Land bei. Zum anderen die rumänischen Behörden, die offenbar um Missstände auf dem Holzrohstoffsektor Bescheid wissen, auffälligerweise aber vor allem die ausländischen Investoren – aus Österreich sind neben Schweighofer noch die Spanplattenproduzenten Egger und Kronospan vor Ort – im Visier haben. Dies, obwohl oder weil Familienmitglieder vor allem aus der Regierung des vormaligen (2012 bis November 2015) Premiers Victor Ponta im Sektor mitmischen.

„Seit Jahren suchen wir das Gespräch mit den Ministerien, aber alle Termine wurden im letzten Moment verweigert“, erklärt Firmenchef Gerald Schweighofer im Gespräch mit der „Presse“. „Seit dem Vorjahr geben sich alle möglichen Prüfbehörden bei uns die Klinke in die Hand und behindern den Arbeitsablauf“, erzählt auch Vorstandsmitglied Georg Erlacher.

In vielem steht Aussage gegen Aussage, nachdem Schweighofer allen Vorwürfen der NGOs eine Gegendarstellung entgegengesetzt hat, auf die nun wieder die EIA reagiert hat. Auch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wurden bislang nicht eingeleitet. Was also das Umweltministerium bei seinen Betriebsüberprüfungen eruiert hat, steht vorerst unter Verschluss.

Angst vor Strukturwechsel

Derweil laufen in Schweighofers größtem Werk Radauti die Förderbänder heiß. 22 Lkw voller Rundholz werden hier täglich entladen, das in die Hunderte Meter lange Sägestraße eingespeist wird. Ein Moloch von Industrieanlage, der von den vielen kleinen Sägen im Land als bedrohlicher Vorbote eines Strukturwandels aufgefasst wird. 800 Mio. Euro hat Schweighofer in seine fünf Werke investiert. Der Anteil des rumänischen Rundholzes wurde zuletzt deutlich reduziert, sodass die Hälfte des Bedarfs durch Import gedeckt wird. Das hat auch mit dem staatlich verordneten Preismodell zu tun, das den Preis für Rundholz hat explodieren lassen und so kleinen Sägebetrieben noch mehr schadet als den großen. Seit Dezember kauft kaum noch wer bei rumänischen Auktionen zu.

Ob das den landesweiten Holzklau nicht eher antreibt als reduziert, muss sich erst weisen. Ohnehin ist sein Ausmaß nur geschätzt. Von etwa vier Prozent des gesamten Holzeinschlags sprechen die Behörden. Von maximal zehn Prozent spricht Catalin Roibu, Agrarökonom der Universität Suceava: „Die Tendenz ist wegen besserer Kontrollen rückläufig. Wir haben die besten Gesetze, aber sie werden schlecht exekutiert.“

Ein Vorreiter?

Als plausibelste aller Theorien kursiert in Rumänien, dass NGOs den illegalen Einschlag dadurch eindämmen wollen, dass sie den größten Player – Schweighofer kauft elf Prozent der gesamten Holzernte – auf ihre Seite ziehen. Man habe immer auf der richtigen Seite gestanden, entgegnet Gerald Schweighofer: Und man werde weiter eine führende Rolle bei der Bekämpfung der Illegalität spielen. In der Tat startet der Konzern demnächst ein eigenes GPS-Tracking-System, um den ganzen Weg einer Lkw-Ladung verfolgen zu können. Auf den Staat will man nicht mehr warten, denn dieser hat sein eigenes System bis heute nicht aktiviert. Der Fehler von Schweighofer sei gewesen, dass man ein solches System nicht schon vor Jahren installiert habe, so ein Insider: „Man hätte sich viel Ärger erspart.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2016)

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