Busse: Wettbewerb nicht erwünscht

Symbolbild.
Symbolbild.(c) APA (Herbert Neubauer)
  • Drucken

In Deutschland sorgt der freie Wettbewerb unter Fernbusanbietern für Tiefstpreise. Hierzulande schützt das Gesetz die Bahn vor der Konkurrenz auf der Straße.

Wien. Um 22 Euro von Berlin nach München, um sieben Euro von Hamburg nach Berlin: Anfang 2013 wurde der Fernbusverkehr in Deutschland weitgehend freigegeben. Seither liefern sich alte und vor allem neue Anbieter eine unerbittliche Preisschlacht. Auch die Deutsche Bahn ist auf den Kampf eingestiegen und wirbt mit City-Tickets um 19 Euro. Außerdem will sie sich eine eigene Busflotte zulegen. Allein 2014 kostete die neue Konkurrenz den Staatsbetrieb laut Konzernangaben rund 120 Mio. Euro.

In Österreich ist man von solchen Verhältnissen weit entfernt. Obwohl das Interesse auf Kundenseite sehr wohl gegeben sei, wie der Busunternehmer Ludwig Richard sagt. Seit Ende 2014 bietet sein Unternehmen, Dr. Richard, mehrmals täglich eine direkte Busverbindung von Wien nach Graz an. „Das ist eine Erfolgsgeschichte. Und es gibt noch weiteres Wachstumpotenzial“, so Geschäftsführer Richard. Etwa 7000 Fahrgäste befördere man jede Woche auf der Strecke. Ab Mitte März fährt Dr. Richard deshalb auch von Graz zum Flughafen Wien-Schwechat. Für 12,50 bis 22 Euro je Richtung. Neben Dr. Richard bietet unter anderem die Firma Westbus, ein Joint Venture des Reiseanbieters Blaguss und der privaten Westbahn, Linienbusse im Fernverkehr an.

ÖBB planen eigene Fernbusflotte

Die wachsende Konkurrenz geht vor allem zulasten der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Der Staatskonzern will deshalb Mitte des Jahres selbst in das lukrative Fernbusgeschäft einsteigen. Die ÖBB hätten zu diesem Zweck bereits 30 Busse gekauft, so Sprecherin Sonja Horner zur „Presse“. Angefahren werden sollen Städte in Deutschland, Italien, Slowenien und Kroatien. Schon jetzt würde rund die Hälfte der Passagiere der ÖBB in Bussen transportiert.

Private Anbieter haben es hingegen recht schwer auf dem Markt. Das Kraftfahrliniengesetz lässt im Fernverkehr praktisch keinen freien Wettbewerb zu. Wer einen Linienverkehr zwischen zwei österreichischen Städten betreiben will, muss eine Konzession beantragen. Vergeben wird diese vom Verkehrsministerium, bei überregionalen Strecken beschäftigen sich auch die Bundesländer damit. Und auch die ÖBB, die Verkehrsverbünde und die Kammern dürfen mitreden. Mit dem Ergebnis, dass die Konzessionen selten sind und die Verfahren mitunter Jahre dauern. Damit soll den ÖBB die Billigkonkurrenz auf der Straße weitgehend vom Leib gehalten werden. Dr. Richard etwa wollte seine Busse auch auf der Strecke Graz–Salzburg fahren lassen, bekam aber keine Konzession dafür. Begründung: Der volkswirtschaftliche Nutzen sei geringer als der volkswirtschaftliche Schaden. Er hat Einspruch eingelegt, bislang ohne Ergebnis.

Die bisherigen Konzessionen seien „irgendwie passiert“, sagt Richard. Die Strecke Wien–Graz etwa darf er nur deshalb anbieten, weil er einst ein Unternehmen gekauft hat, das aus früherer Zeit über die Konzession verfügte. Westbus befährt die Strecke mittels eines Tricks: Die Konzession gilt bis St. Michael in der Steiermark, dort müssen die Fahrgäste in den Bus nach Graz umsteigen.

Gewerkschaft warnt vor Lohndumping

Roman Hebenstreit, Vizechef der Gewerkschaft Vida und ÖBB-Betriebsratschef, warnt dennoch vor Lohndumping durch die wachsende Konkurrenz. Bei den österreichischen Anbietern sehe er noch kein großes Problem, so Hebenstreit zur „Presse“. „Aber in Summe ist der Fernbusmarkt der Wilde Westen.“ Problematisch sei vor allem, dass es keine flächendeckenden Kontrollen von Arbeitszeiten, Löhnen etc. gebe, weil die Ressourcen fehlten. Ludwig Richard fühlt sich von der Kritik nicht angesprochen. „Wir zahlen nach Kollektivvertrag oder darüber.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.