Deutschland: Bank nimmt Schulden auf und verdient damit Geld

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Ein Pfandbrief der kleinen Berlin Hyp trägt keine Zinsen und war dennoch dreifach überzeichnet. Die Folgen der Niedrigzinspolitik weiten sich auf immer mehr sichere Anlagen aus.

Die Bank Berlin Hyp ist eine vergleichsweise kleine Bank. Die Deutsche Bank, das größte Finanzhaus beim deutschen Nachbarn, ist nach der Bilanzsumme gerechnet etwa 56 Mal größer als die auf Pfandbriefe spezialisierte Bank. Dennoch sorgte die Bank Berlin Hyp kürzlich für großes Aufsehen: Als erster nicht staatlicher Gläubiger hat die Bank eine Anleihe über 500 Millionen Euro begeben, bei der die Investoren Geld drauf zahlen müssen. Normalerweise erhalten Anleger für ein Investment in Anleihen Zinsen, wenn auch zur Zeit meist nur sehr geringe.

Bei der Anleihe der Berlin Hyp geht es um einen sogenannten Pfandbrief, der durch die Deckung von Immobilien als sicher und attraktiv angesehen wird. Die dreijährige Anleihe mit einem Volumen von 500 Mio. Euro trägt einen Zinskupon von 0 Prozent. Die Nachfrage nach dem Papier mit einer dreijährigen Laufzeit war riesig, das Papier war dreifach überzeichnet, berichtet Bondbook, eine deutsche Plattform für Anleihen. Da auch der Ausgabepreis entsprechend hoch war, liegt die Rendite nun für die Investoren bei minus 0,162 Prozent. Das heißt: Wenn sie das Papier bis zur Endfälligkeit in drei Jahren halten, verlieren sie definitiv Geld damit.

Banken warnen vor Abwertungswettlauf

Dieser Fall spiegelt die Markterwartungen der Investoren gut wider. Sie gehen davon aus, dass die Zinsen auf dem Markt noch weiter sinken könnten. Mit einer gut besicherten Anleihe zum Nulltarif könnten sie dann womöglich doch noch Geld machen, wenn sie sie zu einem noch höheren Preis verkaufen.

Hintergrund ist die extreme Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Sollte diese am kommenden Donnerstag, wenn das EZB-Direktorium tagt, erneut gelockert werden, sehen auch die deutschen Privatbanken die Gefahr eines Währungskrieges aufziehen. "Am Ende droht ein Abwertungswettlauf, der keine Gewinner haben wird", sagte der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Michael Kemmer, am Mittwoch in Berlin. Ein weiteres Öffnen der Geldschleusen könne in zahlreichen Ländern zu Gegenmaßnahmen führen. Er rät den Währungshütern in Frankfurt deshalb zu einer "Politik der ruhigen Hand".

EZB könnte Strafzins erhöhen

Die meisten Experten gehen allerdings davon aus, dass die Europäische Zentralbank an diesem Donnerstag beschließen wird, die Summe ihres Wertpapier-Kaufprogramms von aktuell 60 Milliarden Euro pro Monat zu erhöhen. Der Strafzins von derzeit minus 0,3 könnte zugleich auf dann minus 0,4 Prozent verschärft werden. Diesen müssen Banken bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Die EZB will Finanzinstitute dazu bewegen, mehr Kredite zu vergeben und damit die Konjunktur anzuschieben sowie die niedrige Inflation anzuheizen.

Der BdB sieht noch weitere Gefahren. "Negative Notenbankzinsen können aufgrund des Wettbewerbsdrucks von den Banken kaum an die Kunden weitergegeben werden", sagte Kemmer. "Die Erträge der Finanzinstitute geraten daher massiv unter Druck."

(red./APA/Reuters)

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