Ein Freispruch der Extraklasse

Former CEO of Porsche AG Wiedeking leaves court after being aquitted in Stuttgart
Former CEO of Porsche AG Wiedeking leaves court after being aquitted in Stuttgart(c) REUTERS (MICHAELA REHLE)
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Wendelin Wiedeking, Ex-Chef des Sportwagenbauers Porsche, hat den Aktienkurs nicht manipuliert, als er 2008 versucht hat, VW zu übernehmen. So entschied jedenfalls das Gericht.

Stuttgart. Es war eine Schlacht auf Biegen und Brechen, einer der spannendsten Wirtschaftskrimis in Deutschland. Hier der Supermanager Wendelin Wiedeking, einer der teuersten im ganzen Land, und da die Familien Piëch und Porsche – und dazwischen der Sportwagenbauer Porsche, der mittels milliardenschwerer Optionen den viel größeren VW-Konzern schlucken wollte.

Das Ansinnen ist knapp gescheitert. Aber der infolge des stark kritisierten Übernahmekurses 2009 zurückgetretene Porsche-Chef Wiedeking sorgte in der Öffentlichkeit auch weiter für Schlagzeilen. Und zwar nicht nur mit seiner 50 Mio. Euro schweren Abfertigung. Schon 2009 interessierte sich auch die Justiz für die Geschehnisse rund um den Übernahmeversuch.

Gab es einen Geheimplan?

Jetzt, nach sieben Jahren Ermittlungen und fünf Monaten Prozess, sorgt Wiedeking einmal mehr für einen Knalleffekt: Das Landgericht Stuttgart hat ihn und den früheren Finanzvorstand Holger Härter am Freitag vom Vorwurf der Marktmanipulation freigesprochen. Eine Verurteilung wäre „nicht rational begründbar“ gewesen, sagte Richter Frank Maurer.

Die Staatsanwaltschaft hatte einen Geheimplan von Wiedeking und Härter vermutet, durch den die Anleger getäuscht und der Kurs der VW-Aktie manipuliert werden sollte. Maurer widersprach: „Es gab keinen Geheimplan des Vorstands.“

Wiedeking hätte die von den Anklägern geforderte Geldstrafe von einer Mio. Euro locker zahlen können. Aber die zweieinhalb Jahre Haft wären ihm ebenso wenig egal gewesen wie das angekratzte Image. Für Härter war die geforderte Freiheitsstrafe geringer. Auch Porsche erspart sich die geforderte Geldbuße von gut 800 Mio. Euro. Auch sie wurde abgewiesen. Gegen das Urteil – einen Freispruch der Extraklasse, wie deutsche Medien online titelten – ist Revision beim Bundesgerichtshof möglich.

Mit der Übernahme der Mutter VW wollte der studierte Maschinenbauer Wiedeking seine Karriere krönen. Er hatte nach der Übernahme des Vorstandsvorsitzes 1993 den Erbauer der Kultautos aus der Verlustzone gebracht und extrem profitabel gemacht. Aber es ging – wie so oft im Wirtschaftsleben – auch um Macht: Sein Gegenspieler war nämlich niemand Geringerer als Ferdinand Piëch – damals einflussreicher Aufsichtsratspräsident von VW (er legte das Mandat 2015 zurück), Vertreter der Eigentümerfamilie und Großaktionär bei Porsche.

Es ging alles langsam: Porsche erhöhte den Anteil an Volkswagen in kleinen Schritten. Erst als die Kontrollmehrheit von 75 Prozent im Oktober 2008 fast erreicht war, machte Wiedeking die Übernahmeabsicht öffentlich. Bis dahin hatte Porsche dies stets bestritten – nach Ansicht der Angeklagten zu Recht, da der Aufsichtsrat der von den Familien Porsche und Piëch kontrollierten Holding erst Ende Oktober zugestimmt hatte.

Die Staatsanwaltschaft sah es dagegen als erwiesen an, dass Wiedeking und Härter insgeheim die Übernahme schon viel früher beschlossen und die Anleger mit falschen Aussagen getäuscht hatten. Zwischen März und Oktober hat Porsche jedenfalls mehrfach beteuert, VW nicht beherrschen zu wollen.

Keine Zeugenaussagen

Wie es wirklich war, wissen neben den Angeklagten nur die Oberhäupter der Familien. Doch Wolfgang Porsche und Ferdinand Piëch mussten nicht in den Zeugenstand – wegen des mittlerweile beendeten Ermittlungsverfahrens gegen die Aufsichtsräte wegen Beihilfe zur Marktmanipulation hatten sie das Recht, die Aussage zu verweigern. (Reuters/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2016)

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