Voest setzt auf Expertise

THEMENBILD: VOESTALPINE / STANDORT DONAUWITZ / STAHLPRODUKTION
THEMENBILD: VOESTALPINE / STANDORT DONAUWITZ / STAHLPRODUKTION(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Der Technologiekonzern kauft in China und Spanien Firmen, die der Auto- und Elektronikindustrie Edelstahlprodukte liefern.

Linz/Shanghai. Für einen Konzern mit elf Milliarden Euro Umsatz ist die Akquisition von zwei Firmen mit 43 Millionen Euro Umsatz ein Klacks. Beim jüngsten Zukauf der Voestalpine geht es auch weniger um eine finanzielle Großleistung – wie sie etwa die 500 Millionen Euro schwere Investition in die Direktreduktionsanlage in Corpus Christi (Texas) darstellt. Mit dem Erwerb von zwei Spezialstahlfirmen setzt der Konzern, der inzwischen mit der Stahlverarbeitung mehr umsetzt als mit der Erzeugung, seine Spezialisierung weiter fort.

Diese vor Jahren eingeleitete Strategie – Abkoppelung von der Massenstahlerzeugung – erweist sich gerade in Zeiten wie diesen als goldrichtig. Die großen europäischen Stahlkocher von Arcelor Mittal über Thyssen Krupp und Salzgitter bis hin zum Europateil von Tata Steel stehen mit dem Rücken zur Wand und schreiben zum Teil tiefrote Zahlen. Schuld sind Billigimporte aus China und auch die in Europa selbst aufgebauten Überkapazitäten. Voest-Chef Wolfgang Eder hat sich deshalb wiederholt für eine Konsolidierung der Branche starkgemacht – auch wenn sie viele Arbeitsplätze kostete.

Ganz kann sich die Voest aus dieser Malaise nicht ausklinken, weil die Kunden den Preisverfall auf dem Spotmarkt sehen und auch für Produkte aus dem Hause Voest Rabatte fordern. Dennoch schaffte es der Konzern, in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2015/16 Betriebsergebnis und Nettogewinn zu steigern.

Mit dem Kauf der Advanced Tooling Tek (ATT) mit Sitz in Shanghai setzt die Voest zudem ihre China-Offensive fort. Vor einem halben Jahr eröffnete die Voest in Shenyang ein Werk für die Produktion von hochfesten Automobilkomponenten. Mit dem nunmehrigen Erwerb des langjährigen Vertriebspartners ATT setzen die Linzer den nächsten Expansionsschritt in China. Der Vertriebs- und Bearbeitungsspezialist fertigt unter anderem große Spritzgussformen, die beispielsweise für die Herstellung von Autoscheinwerfern benötigt werden. China überschwemmt zwar die Welt mit Billigstahl, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt produziert aber zusehends selbst hochwertige Waren und wird damit zum wichtigen Abnehmer. Bis 2020 plant die Voest zehn Fabriken in China, vier sind realisiert.

Der zweite Zukauf betrifft die vier Vertriebs- und Servicestandorte der Sermetal-Gruppe in Spanien und Portugal. Das Unternehmen gilt dort als Marktführer im Bereich Kunststoffformenstahl für die Automobilindustrie.

Zukunftsbranche Mobilität

„Mit ATT und Sermetal folgen wir unserer Strategie, vor allem in der Zukunftsbranche Mobilität weiterzuwachsen und die Wertschöpfungskette in Richtung Endkunden zu verlängern“, sagt der Chef der Spezialstahl-Division, Voest-Vorstand Franz Rotter.

Die Voest-Aktie zählte am Donnerstag trotz dieser guten Nachrichten zu den Verlierern. Die Analysten von Goldman Sachs haben die Gewinnprognosen für 2016 und 2017 gesenkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2016)

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