Deutschland schwimmt in Steuereinnahmen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.(c) APA/AFP/ODD ANDERSEN
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Steuerschätzer sagen dem deutschen Staat Unmengen an zusätzlichen Steuereinnahmen voraus. Bis 2020 sollten es 42 Mrd. Euro sein. Neuen Begehrlichkeiten erteilt Finanzminister Schäuble aber schon einmal eine Absage.

Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine Länderkollegen können dank guter Konjunktur und hoher Beschäftigung auf mehr Steuereinnahmen hoffen als bislang erwartet. In diesem Jahr könnte das Steueraufkommen des Staates nach der neuen Prognose auf 691,2 Milliarden Euro klettern und damit um 5,0 Milliarden höher ausfallen als noch im November geschätzt.

Schäuble sagte bei der Präsentation der Prognose, Bund, Länder und Gemeinden seien finanziell gut aufgestellt. „Die Steuerschätzung bestärkt uns darin, dass wir die aktuell großen Herausforderungen ohne neue Schulden bewältigen können.“ Der Minister machte aber deutlich: „Zusätzliche Spielräume für Ausgabenwünsche ergeben sich für den Bund aus der Steuerschätzung nicht.“ Vor allem die Flüchtlingskosten belasten die Haushalte.

Geld für Flüchtlinge?

Auch für die kommenden Jahre zeichnet sich dem Arbeitskreis Steuerschätzung zufolge ein höheres Steuerplus ab als gedacht. Demnach dürfte der Staat von 2016 bis einschließlich 2020 42,4 Milliarden Euro mehr einnehmen, womit man 2020 bei 808,1 Mrd. Euro liege. Überproportional profitieren dabei Länder und Gemeinden. Diese wollen vom Bund vor allem Finanzhilfen, um die Flüchtlinge unterzubringen. Die Länder beziffern ihre Flüchtlingsausgaben auf rund 21 Mrd. Euro, Schäuble überweist ihnen bisher nur vier Milliarden. Er ließ nicht durchblicken, wie sich die Steuerschätzung auf die weitere Debatte auswirken dürfte. Ende Mai soll ein Bund-Länder-Kompromiss stehen.

Alle wollen mehr vom Kuchen

Während sich SDP und CDU dem Ruf nach neuen Ausgaben entgegenstellen, forderten gestern etwa die Kommunen weitere Hilfen, um „die Herkulesaufgaben der Integration“ (Eva Lohse, Präsidentin des Städtetages) zu meistern. Die Grünen wiederum plädierten für „eine Investitionsoffensive in Integration, Bildung und Betreuung“.

Weiter ging der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der nicht nur den Bedarf von Investitionen in Verkehrsinfrastruktur und Breitbandausbau sieht, sondern sich auch dafür aussprach, die Bedingungen für private Investitionen zu verbessern – etwa über lockerere Abschreibungsmöglichkeiten im Steuerrecht und „moderne Spielregeln für hiesige Start-ups“.

Dem Schätzerkreis gehören Experten der Finanzministerien von Bund und Ländern, des Statistischen Bundesamtes, der Bundesbank und von Forschungsinstituten an. Seine Prognosen sind die Basis für die Aufstellung aller öffentlichen Haushalte. (Reuters/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2016)

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