Versandhandel: Rückenwind aus dem Netz

(c) EPA (Stefan Hesse)
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Amazon und Otto wachsen munter weiter. Der Handel im Internet boomt. Amazon, hat kürzlich ein Umsatzplus von 14 Prozent auf 4,65 Mrd. Dollar (3,31 Mrd. Euro) im zweiten Quartal vermeldet.

Berlin/Wien (ag./cim).Angebote wie am Mittwoch sind leider selten: Ein MacBook Air um 29,99 Euro statt regulär bis zu 1700 Euro. 2000 Kunden haben sofort bestellt. Blöd nur, dass statt einem Laptop bloß ein Entschuldigungsschreiben von Otto kommen wird. Das war kein Lockangebot, sondern ein Fehler.

Nichts desto trotz: Der Handel im Internet boomt. Davon profitieren auch klassische Versandhändler. Otto zum Beispiel. Der hat, anders als etwa Quelle, das Geschäft im Internet zur rechten Zeit entdeckt, und das läuft auch in Krisenzeiten gut. Seit Anfang März sei der Umsatz einstellig gewachsen, sagt Vorstandschef Hans-Otto Schrader. Auch wenn es mit der Konjunktur noch länger nicht bergauf geht, werde der Handel im Internet weiterwachsen, so der Chef des zweitgrößten Onlinehändlers der Welt nach Amazon.

Die Deutschen werden heuer so viel Geld im Internet ausgeben wie noch nie – 15,4 Mrd. Euro schätzt der Bundesverband des Deutschen Versandhandels, das sind 15 Prozent mehr als 2008. Egal ob Bücher, Elektronik, Mode oder Apotheken – immer mehr klassische Händler wandern (auch) ins Netz. Gut die Hälfte des Distanzhandels findet mittlerweile im Internet statt. Währen der Onlinehandel heuer um 15 Prozent zulegen soll, wird der gesamten deutschen Versandbranche ein Umsatzplus von 1,7 Prozent vorhergesagt.

Neue Schuhe, weiche Knie

Der größte Onlinehändler der Welt, Amazon, hat kürzlich ein Umsatzplus von 14 Prozent auf 4,65 Mrd. Dollar (3,31 Mrd. Euro) im zweiten Quartal vermeldet. Und Amazon kauft fleißig zu: Die größte Übernahme in der Firmengeschichte, der Kauf des US-Onlineschuhhändlers Zappos, steht an. Hierzulande kennt Zappos noch kaum jemand, aber Amazon ist der Schuhhändler rund 850 Mio. Dollar wert. „Ich bekomme weiche Knie, wenn ein Unternehmen so vom Kundendienst besessen ist“, sagte Amazon-Gründer Jeff Bezos. Zappos bedient sich wie kaum ein Zweiter der Marketingmaschinerie im Web 2.0. Knapp 200 Mitarbeiter sind bei Twitter angemeldet; postet ein Kunde dort zufällig, dass er gerade bei bei Zappos bestellt, stehen die Chancen gut, dass einer der Mitarbeiter die Nachricht entdeckt und zum Beispiel anbietet, für einen schnelleren Versand zu sorgen. Zappos gibt es zwar länger, der Kultstatus kam aber erst mit Twitter. Während Amazon stärker wird, leidet Ebay. Umsatz und Gewinn sind im zweiten Quartal geschrumpft. Aber zumindest wurden wieder mehr Artikel versteigert, während zuvor fast zwei Jahre lang immer weniger angeboten worden war.

Anteil wächst und wächst

Auch hierzulande steigt die Bedeutung des Handels via Internet seit Jahren stets an, heißt es aus der Wirtschaftskammer. Noch liegt der Anteil des Distanzhandels inklusive Katalogen am gesamten Einzelhandel bei gut fünf Prozent. In Deutschland hat der Versand einen Anteil von sieben Prozent. Eine Studie der Deutschen Bank besagt, dass der Anteil auch in Österreich bis 2015 auf 13 Prozent wachsen und sich langfristig bei 15 bis 20 Prozent des gesamten Handelsvolumens einpendeln könnte.

Die Beliebtheit des Bestellens erklärt einerseits der generelle Vormarsch des Internets. Auch die größere Transparenz der sekundenschnell vergleichbaren Preise kommen dem Netz in sparsameren Zeiten zugute. Aber auch die billigen Ratenkredite der Versandhändler könnten dieser Tage ein Kundenmagnet sein. Noch, heißt es, sei da aber keine signifikant stärkere Nachfrage zu bemerken.

Auf einen Blick

Otto hat, anders als andere Versandhändler, zur rechten Zeit das Geschäft im Netz entdeckt, und das läuft auch in der Krise gut. Während andere Kataloghändler ums Überleben ringen, ist bei Otto der Umsatz in den vergangenen Monaten einstellig gewachsen.

Amazon wächst ebenfalls – im zweiten Quartal um 14 Prozent. Mit Übernahmen wie zuletzt der des Schuhhändlers Zappos rüstet der Branchenprimus weiter auf. Zappos setzt im Netz auf neue Ideen und wurde via Twitter zum Kult.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2009)

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