Richtig wetten auf den Brexit

50 britische Pfund
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Das britische Pfund wird stark auf den Ausgang der Brexit-Abstimmung reagieren. Das kann man nutzen.

Die EU-Abstimmung im Vereinigten Königreich naht unerbittlich – und damit beginnen auch die Wetten auf den Brexit, den möglichen Ausstieg Großbritanniens aus der EU, heiß zu laufen. Hatte es eine Zeit lang stark nach dem unweigerlichen Abschied der Briten aus der Gemeinschaft ausgesehen, so schwenken die Wettquoten der Buchmacher seit einigen Wochen recht deutlich auf ein No-Brexit-Szenario um.

Freilich: Man muss nicht unbedingt Buchmachern Geld für mäßige Gewinnchancen in den Rachen werfen, wenn auch jede Menge Finanzwetten mit richtiger Wertpapierkennnummer und beträchtlichem Gewinn-, aber auch Verlustpotenzial in Umlauf sind. Der Finanzprofi von Welt wettet nicht im schmuddeligen Wettlokal, sondern mittels gehebelter Finanzprodukte auf das britische Pfund.

Denn der mögliche Brexit lässt die britische Währung nicht kalt. Im vergangenen Sommer waren für ein britisches Pfund noch bis zu 1,44 Euro zu bezahlen. Bis zum April dieses Jahres war der Außenwert zum Euro wegen der steigenden Brexit-Angst auf nicht einmal 1,24 Euro abgesunken. Doch seit die Umfragen einen möglichen Gesinnungswandel bei den britischen Wählern signalisieren, geht es wieder nach oben. Jetzt stehen wir schon wieder bei 1,30 Euro.

Womit der Mechanismus, mit dem Käufer von Finanzderivaten auf das Pfund rechnen müssen, klar ist: Entscheiden sich die Briten für einen Verbleib in der EU, geht der Kurs durch die Decke. Setzen sich die Brexit-Verfechter durch, geht es in die Gegenrichtung. Und zwar heftig. Wie bei den Buchmachern werden also auch Finanzanleger beim Brexit die besseren Quoten bekommen als beim wahrscheinlicheren Non-Brexit.

Wie groß die Spielräume sind - darüber sind sich die Experten nicht einig. Als das Pfund 1992 nach einer Soros-Spekulation aus dem Europäischen Währungssystem (EWS) flog, ging die Britenwährung jedenfalls um 15 Prozent in die Knie. Die meisten Experten gehen auch jetzt von dieser Größenordnung aus. Goldman Sachs erwartet für diesen Fall freilich eine Pfund-Abwertung um 20 bis 25 Prozent. Die Experten des Investmenthauses Metzler rechnen sogar mit 30 Prozent – das wäre dann die Euro-Parität (und ein gewaltiger Gewinn für Inhaber gehebelter Produkte). Eines muss bei allen diesen Überlegungen aber klar sein: Bei Derivaten winken zwar hohe Gewinne. Wenn man falsch liegt, heißt das aber Totalverlust.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2016)

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