Die britische Wirtschaftsleistung könnte bei einem EU-Austritt um sechs Prozent einbrechen.
London. Konjunkturabschwung, Jobverlust, weniger Kaufkraft: Die britische Regierung sieht im Falle eines Austritt Großbritanniens aus der EU schwarz für die heimische Wirtschaft. „Das ist die Option zur Selbstzerstörung“, warnte Regierungschef David Cameron am Montag bei der Vorstellung einer Studie des Finanzministeriums zu den möglichen Folgen eines Brexit.
Mindestens eine halbe Million Arbeitsplätze könnten der Studie zufolge vernichtet werden, sollte sich die Bevölkerung des Landes für einen Austritt aus der EU entscheiden. Die Reallöhne dürften den Berechnungen zufolge binnen zwei Jahren um fast drei Prozent schrumpfen, was knapp 800 Pfund (rund 1034 Euro) jährlich weniger pro Durchschnittsverdiener bedeute.
Das Finanzministerium hat zwei Szenarien für die kurzfristigen Folgen des sogenannten Brexit entworfen. Bei einem milden Schock wäre demnach die Wirtschaftsleistung nach zwei Jahren um 3,6 Prozent niedriger als bei einem Verbleib in der EU. Zugleich dürfte die Inflation bei einer dann erwarteten Pfundabwertung steigen und die Immobilienpreise um zehn Prozent niedriger sein.
Im schlimmsten Fall könnten das Bruttoinlandsprodukt sogar um sechs Prozent und die Immobilienpreise um 18 Prozent fallen. „Will Großbritannien diese hausgemachte Rezession?“, fragt daher Finanzminister George Osborne.
Kritiker werfen der Regierung jedoch vor, sie zeichne ein unrealistisches Bild. „Dieses Dokument des Finanzministeriums ist keine ehrliche Bewertung, sondern ein stark voreingenommener Blick auf die Zukunft“, beklagte Iain Duncan Smith, früher Minister unter Premier Cameron. Der Regierungschef selbst hatte zuvor bereits vor steigenden Lebensmittelpreisen nach einem EU-Austritt gewarnt. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2016)