Investitionen: Kein Ende der Geldschwemme

Indien fährt ab. Das Land erhielt 2015 am meisten Investitionen aus dem Ausland.
Indien fährt ab. Das Land erhielt 2015 am meisten Investitionen aus dem Ausland.(c) REUTERS (ADNAN ABIDI)
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Die Schwellenländer investierten zuletzt trotz interner Schwächen eifrig im Ausland. Die Europäer ohnehin. Hauptnutznießer der Direktinvestitionen ist Asien. Indien überholt China.

Wien. Es passt so gar nicht zusammen. Auf der einen Seite tägliche Schreckens- und Warnmeldungen über die Flaute in den Schwellenländern. Auf der anderen Seite ständig neue Nachrichten über vollzogene oder geplante Auslandsinvestitionen durch ebendiese Schwellenländer. Zuletzt am Montag, als bekannt wurde, dass der chinesische Investmentfonds FGC für 676 Mio. Euro den verlustreichen deutschen Chipanlagenbauer Aixtron übernehmen will. Erst unlängst wurde publik, dass eine andere chinesische Firma 43 Mrd. Dollar (38 Mrd. Euro) für den Schweizer Agrarchemie-Anbieter Syngenta bietet.

Ströme aus Arabien und Afrika

Das erinnert beinahe an die Zeit des Rohstoffbooms, als massenweise Geld aus den sogenannten Emerging Markets für Zukäufe ins Ausland (Foreign Direct Investments, sprich FDI) geflossen ist. Dabei hatten Beobachter zuletzt das Gegenteil erwartet, dass nämlich mit der globalen Verlangsamung der Konjunktur und dem im Sommer 2014 eingesetzten Verfall des Ölpreises dieser Geldstrom zu versiegen beginne.

Zumindest für das Jahr 2015 haben sie sich geirrt, wie der Report 2016 von „FDI Intelligence“, einer Unterabteilung der „Financial Times“, zeigt. Ihm zufolge gingen die Aktivitäten (gerechnet werden wohlgemerkt nur Greenfield-Investitionen, also neue Projekte) munter weiter.

Bezeichnend ist dabei gar nicht so sehr China. Auffällig ist, dass gerade die Ölstaaten im Vorjahr mehr im Ausland investierten als noch 2014. Saudiarabien etwa nahm 13,5 Mrd. Dollar dafür in die Hand – das Achtfache (!) im Vergleich zu 2014. Sein größter Ölförderkonkurrent, Russland, erhöhte die Auslandsinvestitionen von zuvor fünf auf 13,7 Mrd. Dollar. Führend unter den Rohstoffstaaten bleiben freilich die Vereinigten Arabischen Emirate mit 21,8 Mrd. Dollar FDI.

Auch im weltweiten Vergleich der Region zeigten der Nahe Osten und Afrika die größte Steigerung bei den Auslandsaktivitäten. Firmen und Staatsfonds aus dieser Region nahmen laut Report 59,8 Mrd. Dollar für FDI in die Hand – um 54 Prozent mehr als 2014.

Demgegenüber legten die Auslandsinvestitionen aus dem asiatisch-pazifischen Raum weltweit um 13 Prozent auf 255,7 Mrd. Dollar zu. Auffällig ist, dass gerade die Chinesen 2015 um zehn Prozent weniger Geld dafür aufwendeten als 2014 – und zwar 59 Mrd. Dollar. Hauptquelle der FDI blieb freilich Europa mit 258,5 Mrd. Dollar, was um sieben Prozent mehr als 2014 und doppelt so viel ist, wie aus Nordamerika ins Ausland floss.

Indien als größter Profiteur

Bleibt für Europa und Amerika die Hiobsbotschaft, dass der neunprozentige Zuwachs der vorjährigen FDI auf weltweit insgesamt 713 Mrd. Dollar fast gänzlich dem asiatisch-pazifischen Raum zugute kam. Diese Gegend erhielt um 70 Mrd. Dollar mehr Investitionen aus dem Ausland als noch ein Jahr zuvor, und zwar unter dem Strich 320,5 Mrd. Dollar, was einem Plus von 29 Prozent gleichkommt.

Das ist freilich nicht die einzige Auffälligkeit. Am meisten ins Auge springt, dass Indien seinen Nachbarn China als Hauptempfänger ausländischer Investitionen abgelöst hat. Geschätzt 63 Mrd. Dollar flossen nach Indien – dreimal so viel wie 2014. Nach China flossen um 23 Prozent weniger als 2014, also nur noch 56,6 Mrd. Dollar. Da erhielten sogar die USA mehr – und zwar 59,6 Mrd. Dollar.

Für die Welt 2016 sind die Experten von FDI Intelligence nicht so optimistisch – erwartet wird angesichts der Konjunkturverschlechterung ein globaler Rückgang um fünf Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2016)

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