Ryanair fordert mit noch billigeren Tickets die Konkurrenz heraus

Ryanair-Chef Michael O'Leary will mit seiner Fluglinie den Rivalen davonfliegen.
Ryanair-Chef Michael O'Leary will mit seiner Fluglinie den Rivalen davonfliegen.REUTERS/Max Rossi/File Photo
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Die größte Billig-Airline Europas heizt den Preiskampf mit noch billigeren Tickets weiter an: Was gut für die Passagiere ist, könnte für einige Airlines den finanziellen Untergang bedeuten.

Frankfurt/Wien. Lufthansa-Boss Carsten Spohr sprach bei der Hauptversammlung des Konzerns, zu dem auch die AUA gehört, Klartext: Die Marktbereinigung in der stark fragmentierten Luftfahrt Europas sei überfällig, damit Europas Fluglinien gegenüber ausländischen Rivalen aufholen könnten. „Wir als Europas Nummer eins wollen bei einer Konsolidierung dabei sein und nicht nur zuschauen“, legte Spohr nach.

Die Antwort ließ nicht lang auf sich warten: Angesichts des für das Geschäftsjahr 2015/16 verkündeten Rekordgewinns von 1,24 Mrd. Euro läuft Ryanair-Chef Michael O'Leary zur alten Höchstform auf: Er sagt den deutschen Konkurrenten Air Berlin und der Lufthansa-Tochter Eurowings ein schnelles Ende innerhalb der nächsten Jahre voraus. „Ich hoffe auf einen Preiskrieg“, sagt der umtriebige Chef der größten europäischen Billig-Airline, im „Zeit“-Interview. Er plant mit neuen Flugzeugen und einer weiteren Senkung der an sich schon niedrigen Ticketpreise, die Zahl der Passagiere um neun Prozent auf 116 Millionen zu steigern. Allein in diesem Jahr gehen 52 neue Jets in den Dienst, die Flotte umfasst dann 380 Flieger.

Air Berlin unter Druck

Auch in Europas Luftfahrt wird wegen des niedrigen Kerosinpreises wieder richtig Geld verdient. Am profitabelsten ist die Ryanair. Die irische Gesellschaft hat allerdings auch in schwierigen Zeiten gute Erträge eingeflogen. Die Passagiere können sich jedenfalls auf Kampfpreise freuen. Weniger lustig dürfte der beinharte Wettbewerb jedoch für manchen Anbieter werden. Besonders unter Druck ist dabei die Niki-Mutter Air Berlin. Sie hat zwar erst vor Kurzem eine von ihrem Großaktionär Etihad garantierte Geldspritze erhalten. Aber ewig kann die hoch defizitäre Air Berlin so nicht weitermachen. Andere Fluglinien wie die skandinavische SAS und der Ferienflieger Condor gelten als mögliche Übernahmekandidaten – durch die deutsche Lufthansa.

Auf dem deutschen Markt ist für die Angreifer noch viel zu holen, geht aus Studien des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt hervor. Die mit Abstand größten Billig-Airlines Ryanair und Easyjet fliegen in Deutschland den Platzhirschen noch hinterher. Just die „Beamtenrennstrecke“ Köln–Berlin hat sich O'Leary als erste innerdeutsche Verbindung nun vorgenommen. Bisher haben sich Eurowings und Air Berlin diesen Kuchen geteilt. In den nächsten Monaten kommen bei Ryanair Dutzende neue Europa-Verbindungen von Berlin, Hamburg und Nürnberg dazu – größere Flughäfen mit einem relevanten Kundenpotenzial.

Die Gelegenheit zum Angriff auf dem größten europäischen Einzelmarkt scheint O'Leary günstig: „Was sich in den vergangenen zwei Jahren Grundlegendes verändert hat, ist die Implosion von Air Berlin. Sie bewirkt, dass die meisten deutschen Flughäfen uns Rabatte anbieten.“ Air-Berlin-Chef Stefan Pichler will die Airline zudem stärker im Premiumbereich verankern und streicht kleinere Verbindungen. Auf diese stürzt sich Ryanair und bedient sie zu niedrigeren Stückkosten. Etihad werde die Reste von Air Berlin in ein paar Jahren an die Lufthansa verkaufen, ätzt O'Leary. Ryanair startet längst nicht mehr ausschließlich von abgelegenen Pisten. Nur um die Lufthansa-Drehkreuze München und Frankfurt – und auch um Wien – machen die Iren wegen ihrer hohen Flughafengebühren einen Bogen.

Die Lufthansa, die relativ spät auf die Billigflieger reagiert hat, kann die Herausforderung nicht unbeantwortet lassen. Die Waffe ist die Zweitmarke Eurowings. Mit der Komplettübernahme der bisherigen Minderheitsbeteiligung Brussels Airlines könnte die Eurowings schnell erweitert und der Auftritt im Benelux-Markt gestärkt werden. Allerdings muss Spohr die Quadratur des Kreises schaffen: Trotz eines Rekordgewinns im Vorjahr ächzt der komplexe Konzern unter zu hohen Kosten und kämpft weiter – gegen Piloten und Flugbegleiter – um einen günstigeren Tarifvertrag. Daher wird das Flugprogramm der Premiummarken Lufthansa, Swiss und AUA ausgedünnt. Und der geplante rasante Expansionskurs von Eurowings wird durch die Überkapazitäten auf dem Markt gebremst.

Flughäfen buhlen um Billig-Airlines

Das trifft auch die Flughäfen. Noch vor wenigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass ein Frankfurter Flughafenchef per Zeitungsinterview um Billigflieger wirbt. Doch die zusätzlichen Kapazitäten mit der neuen Landebahn und dem geplanten dritten Terminal wollen gefüllt werden. Einige Anbieter wie Vueling und WOW sind bereits vor Ort, Easyjet soll laut Fraport bereits mehrfach um Start- und Landerechte verhandelt haben. In München hat sich die Air-France-Billigtochter Transavia etabliert. Und in Wien? O'Leary schließt nie etwas ganz aus. (eid/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2016)

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