Vereine wie FC Barcelona oder Bayern München haben Millionen Fans und gehören weltweit zu den bekanntesten Marken. Dennoch ist ihr Unternehmenswert eher gering.
Wien. Samstagabend findet in Mailand das Uefa-Champions-League-Finale 2016 zwischen den beiden spanischen Klubs Real Madrid und Atlético Madrid statt. 80.000 Fans werden das Spiel im Stadio Guiseppe Meazza und rund 200 Millionen Zuseher vor den Fernsehern verfolgen. Real Madrid gilt bei dem Spiel als Favorit.
Doch egal, wie das Resultat am späten Abend lauten wird, eines steht jetzt schon fest: Der Zweite der spanischen Fußballmeisterschaft ist die Nummer eins unter den europäischen Fußballvereinen; jedenfalls dann, wenn der Unternehmenswert entscheidend ist.
Mit 2,99 Mrd. Euro führt Real Madrid die Tabelle an, dicht gefolgt von Manchester United FC mit 2,98 Mrd. Euro. Das ergab eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die am Freitag veröffentlicht wurde. Grundlage für den Bericht ist eine Analyse der öffentlich verfügbaren Informationen finanzieller und nicht finanzieller Natur zu den bekanntesten Vereinen aus den Spielzeiten 2013/14 und 2014/15. Dabei bewertete die KPMG die Unternehmen nach der Methodik des Gesamtumsatzes und berücksichtigt je Verein und Markt fünf besondere Merkmale: Wirtschaftlichkeit, Beliebtheit, Eigentumsrecht am Heimstadion, Übertragungsrechte und sportliche Möglichkeiten.
Es herrschen andere Gesetze
Und die Klubs funktionieren nach anderen Gesetzen als andere Unternehmen, das konnten die Autoren der Studie alsbald feststellen: „Fußballvereine gehören aufgrund ihrer weltweiten Fangemeinschaft zu den Marken mit dem höchsten Wiedererkennungswert – dennoch ist ihr Unternehmenswert relativ gering“, sagt der Autor der Studie, Andrea Satori. Ein Beispiel: FC Barcelona hat auf der sozialen Internetplattform 92 Mio., Real Madrid 88 Mio. und Manchester United 69 Mio. Freunde. Die Sportartikelanbieter Nike, Adidas und Puma können sich gemeinsam hingegen nur über 67 Mio. Followers freuen. Doch die hohe Popularität der Klubs wirkt sich nicht direkt proportional auf den Unternehmenswert aus. Denn Nike kommt laut KPMG allein auf einen Unternehmenswert von 92 Mrd., Adidas auf 18,3 Mrd. und Puma auf 2,5 Mrd. Euro. Im Vergleich dazu sind alle 32 führenden Fußballvereine zusammen lediglich 26,3 Mrd. Euro wert. Also nicht einmal ein Drittel von Nike.
Die Verfasser der Studie wundert das nicht. Fußballvereine hätten Besonderheiten, die Unternehmen anderer Sparten nicht kennen. Ob FC Bayern München, Juventus, oder Ajax, eines eint alle Klubs: Sportlicher Erfolg ist ihnen weit wichtiger als finanzieller. Profitabilität hat nicht die höchste Priorität.
Und noch etwas unterscheidet die Topvereine von anderen Firmen: „Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Direktinvestitionen des Klubs – etwa in neue Spieler – und sportlichen Erfolg“, sagt Satori. Der Erfolg von Leicester City in der englischen Premier League – der Klub wurde überraschend Meister – sei ein gutes Beispiel und der Beweis dafür, dass sportlicher Erfolg eben nicht gekauft werden könne.
Vier Vereine knacken die Zwei-Mrd.-Grenze, neben Manchester United und Bayer Münchens sind gleich zwei davon aus Spanien: Real Madrid und FC Barcelona. England hat dafür fünf Vereine unter den zehn besten im Unternehmenswerte-Ranking (siehe Grafik oben). Insgesamt machen die englischen Vereine 40 Prozent des Gesamtwertes der 32 angeführten Vereine aus. Das hat unter anderem mit den exorbitanten Summen zu tun, die von den beiden konkurrierenden Fernsehsendern Sky und BT Sport auf der Insel für die Übertragungsrechte der Premier League geboten werden: 2,4 Mrd. Euro pro Saison erhalten die Klubs von 2016 bis 2019. Nirgendwo sonst wird so viel für die Ausstrahlung gezahlt.
Und wie steht es um die deutschen Klubs? Immerhin ist unser Nachbar der amtierende Weltmeister. Lediglich drei Vereine haben sich für das Top-Ranking Europas qualifiziert: Bayern München liegt auf Platz vier mit einem Unternehmenswert von 2,23 Mrd, Borussia Dortmund auf Platz elf und der FC Schalke 04 auf Platz 13. Überraschend schwach auch die italienischen Vereine außerhalb des Spielfelds. Nur Juventus schafft es unter die besten zehn mit einem Unternehmenswert von 929 Mio. Euro.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2016)