Banken hätten für das Abstimmungswochenende bereits Hotelzimmer für ihre Händler gebucht, berichten Insider. Führende Banker hatten vor einem Stellenabbau gewarnt.
Politiker sind nicht die einzigen, die sich auf eine lange Nacht einstellen, wenn die Briten am 23. Juni über den Verbleib in der Europäischen Union (EU) abstimmen. Auch JPMorgan Chase & Co., Royal Bank of Scotland Group Plc (RBS), Morgan Stanley und Lloyds Banking Group Plc wollen Händler über Nacht in ihren Londoner Büros behalten, um die Märkte zu beobachten und Aufträge von Kunden abzuwickeln, wenn die Ergebnisse der Abstimmung hereinkommen. Das erfuhr Bloomberg von Personen, die mit den Planungen vertraut sind.
Devisenhändler, deren Märkte 24 Stunden am Tag offen sind, gehören zu jenen, die am wahrscheinlichsten in den Büros bleiben werden. Die Volatilität beim Pfund nahm zuletzt im Vorfeld des Referendums bereits zu. Führende Banker hatten davor gewarnt, dass ein Brexit zu einem Stellenabbau in den eigenen Reihen in London führen könnte. Doch das Handelsvolumen rund um die Abstimmung wird sich womöglich als Segen für die schwächelnden Wertpapiersparten erweisen.
Nervöse Märkte
Die Devisen-Handelserlöse bei den größten Investmentbanken waren im ersten Quartal um 32 Prozent eingebrochen, verglichen mit demselben Zeitraum des Vorjahres. Das zeigen Daten von Coalition Development Ltd. "Ein volatiler Juni, angetrieben von der Unsicherheit rund um das britische EU-Votum, könnte den Devisen-Erlösen helfen", schrieb JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein am Montag in einer Notiz an Kunden.
JPMorgan, die Bank mit Sitz in New York, hat rund 16.000 Mitarbeiter in Großbritannien. Der Konzern hat Hotelzimmer für Händler in Canary Wharf gebucht, wie eine der informierten Personen gegenüber Bloomberg berichtete. Eine andere Person erklärte, RBS werde einige führende Devisenhändler über Nacht in London haben. Um einige Handelsgeschäfte werde sich von den Handelszentren in den USA und in Asien aus gekümmert.
Die Abstimmung läuft bis um 22 Uhr Londoner Zeit am 23. Juni. Banken und Hedgefonds haben bei Meinungsforschern nachgefragt, wie sie am Tag der Entscheidung an Informationen kommen können, wie Mitarbeiter der Umfragefirmen im vergangenen Monat berichteten. Der Bedarf an Informationen ist groß, da keine offizielle Wählerbefragung beim Verlassen der Wahllokale zur späteren Veröffentlichung durchgeführt wird. Es ist unklar, wann erste Ergebnisse einen klaren Trend zum Ausgang des Votums zeigen werden. Das Endergebnis soll nicht vor dem nächsten Morgen veröffentlicht werden.
Ähnlich wie bei Griechenland-Referendum
Selbst Aktienhändler, bei denen die Markt-Öffnungszeiten geregelter sind, werden länger als gewöhnlich an ihren Schreibtischen bleiben. Bei Mint Partners, einer Sparte von BGC Brokers LP, werden die Londoner Mitarbeiter bis 21 Uhr im Büro bleiben, und Kollegen in den USA und Asien werde eine breitere Abdeckung mit Fokus auf den möglichen Brexit bieten. Das sagte Parag Patel, ETF-Handelschef bei dem Unternehmen. ETX Capital, ein Londoner Broker, wird Essen, Taxis und einen kleinen Bonus für rund 20 Händler und andere Mitarbeiter zur Verfügung stellen, die die Nacht durcharbeiten, wie Handelschef Joe Rundle verriet.
Die Anzahl der Mitarbeiter rund um wichtige makroökonomische Ereignisse hochzufahren, ist nicht ungewöhnlich für Banken und Broker. Vergangenen Juli hatten Devisenhändler ihr Wochenende vorzeitig beendet, um auf das damalige Griechenland-Referendum zu den Bedingungen des Bailout-Pakets reagieren zu können. Banker wie JPMorgan-Chef Jamie Dimon, Stuart Gulliver von HSBC Holdings Plc und John Cryan von der Deutschen Bank hatten gewarnt, sie würden bei einem Brexit einige Aktivitäten und Tausende Mitarbeiter von London an andere europäische Standorte verlagern müssen - wegen möglicher aufsichtsrechtlicher Hürden und Kundenwünschen.
(Bloomberg)