Die Schweizer zahlen an den Finanzmärkten die niedrigsten Zinsen Europas.
Bern. Mit der Kreditwürdigkeit eines Staates hatte sich vor der Finanzkrise noch kaum jemand beschäftigt. Das änderte sich nach 2008 schlagartig. Ein Staat nach dem anderen verlor seine gute Bonität. Hohe Schulden und mangelnde Reformen – das gefiel den Ratingagenturen nicht.
Nur noch sieben Länder in Europa können sich heute mit der besten Kreditwürdigkeit von Standard & Poor's, Moody's und Fitch schmücken. Das Triple-A-Rating besitzen Luxemburg, Dänemark, Schweden, Norwegen, Deutschland, die Niederlande und die Schweiz.
Heraus stechen aber die Eidgenossen, die an den Finanzmärkten besser dastehen als alle anderen Länder. Zwar bekommen inzwischen schon einige Staaten Geld bezahlt, um das Kapital der Investoren entgegenzunehmen. Doch es war die Schweiz, die im Vorjahr erstmals eine zehnjährige Staatsanleihe mit einer negativen Emissionsrendite platzieren konnte. Innerhalb der Eurozone gilt Deutschland als Benchmark, sobald es um dieses Thema geht. Die Renditen der Schuldverschreibungen sind dort niedriger als im Rest der Währungsunion.
Die Schweiz gilt seit jeher als Hort der Stabilität. Dieses Ass können die Eidgenossen vor allem in Krisenzeiten ausspielen, wobei dem Land die Rolle als sicherer Hafen zugetragen wird. Geht es an den Finanzmärkten turbulent zu, fließen Unsummen in die Schweiz.
Für die Wirtschaft des Landes ist das nicht immer angenehm, vor allem seit die Notenbank die Aufhebung des Euro-Mindestkurses gegenüber dem Franken beschlossen hat. Die Währung hat seitdem aufgewertet. Das macht Exporte für Unternehmen teurer, auch der Tourismus und Arbeitsplätze leiden. Die Ratingagentur Standard & Poor's zeigt sich jedoch zuversichtlich. Erst vor Kurzem bestätigte sie ihren Ausblick für die Schweiz. Das Land besitze eine prosperierende, wettbewerbsfähige und diversifizierte Wirtschaft. (nst)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)