Für das neue Voest-Werk in Texas wurde bereits ein Abnahmevertrag mit dem US-Stahlkocher Big River Steel fixiert.
Linz/Wien. Mit dem Plan, ein komplett neues Edestahlwerk in Kapfenberg zu bauen, vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen, hat die Voestalpine für großes Aufsehen gesorgt. Denn zuletzt richtete sich das Augenmerk des Stahl- und Technologiekonzerns zunehmend auf das Ausland – konkret auf die mit 550 Mio. Euro bisher größte Investition in Übersee, die Direktreduktionsanlage in Corpus Christi (Texas). Das eine schließt das andere aber nicht aus.
Konzernchef Wolfgang Eder kann sich jedenfalls schon entspannt zurücklehnen, noch bevor das neue Werk in den USA jetzt im Sommer hochgefahren wird: Die Voest hat nämlich mit dem neuen US-Stahlhersteller Big River Steel einen Abnahmevertrag fixiert, der gleich aus mehreren Gründen Gold wert ist, wie Voest-Sprecher Peter Felsbach der „Presse“ erklärt.
Zum einen ist die Fabrik mit dem neuen Auftrag schon voll ausgelastet, bevor sie noch in Betrieb geht. Zum anderen baut Big River Steel gerade in Arkansas ein hypermodernes Stahlwerk, wo mittels Elektrobogentechnologie hoch qualitativer Flachstahl produziert werden soll. „Das ist für uns auch strategisch interessant, da dabei zu sein“, sagt Felsbach.
Aber auch Big River Steel profitiert: Die Fabrik der Voest liegt am Golf von Mexiko, das neue Stahlwerk am Mississippi. Das Material kommt per Schiff und muss daher nicht umgeladen werden. „Die lückenlose Logistikkette garantiert uns eine hohe Effizienz und ist auch kostengünstig“, sagt David Stickler, Chef von Big River Steel.
Kunden aus dem Nafta-Raum
Der neue Auftrag – ab 2017 liefert die Voest jährlich bis zu 240.000 Tonnen Eisenschwamm als Vormaterial für die Stahlerzeugung – festige auch die Marktposition der Voest im Nafta-Raum, betont Eder. Denn die Kunden, mit denen die Voest schon Verträge hat, stammen alle aus den USA, Kanada und Mexiko, die seit 1994 in der Freihandelszone Nafta verbunden sind. Darunter ist auch der größte mexikanische Stahlkocher, AHMSA.
In Summe wird die Voest in Corpus Christi jährlich zwei Millionen Tonnen Eisenschwamm produzieren. 60 Prozent gehen an externe Kunden, der Rest wird in den österreichischen Werken in Linz und Donawitz weiterverarbeitet.
Vor zwei Jahren wurde mit dem Bau des Werks in Corpus Christi begonnen. Nun sind die Arbeiten in der Endphase. Der Testbetrieb läuft schon, der Hafen ist fertig. Noch im Juni soll die Anlage erstmals mit dem Vormaterial – hauptsächlich Erzpellets – „gefüttert“ werden, sodass Mitte/Ende August die ersten Produkte vom Band laufen.
Nordamerika ist für die Voest ein Zukunftsmarkt: Bis 2020 soll sich der Umsatz auf drei Mrd. Euro verdreifachen, dann sollen nur 60 statt bisher 73 Prozent des Umsatzes aus Europa kommen. Die USA locken vor allem mit billiger Energie, niedrigen Lohnkosten und erschwinglichen Umweltauflagen.
Die Voest-Aktie konnte sich vom extrem schwachen Börsenumfeld nicht abkoppeln: Das Papier verlor vier Prozent.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2016)