Die Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS brauchen jeweils rund zehn Mrd. Franken, um die neuen Kapitalanforderungen zu erfüllen, heißt es im Bericht der Notenbank.
Zürich. Die Schweizer Großbanken müssen sich nach einer Forderung der Notenbank des Landes besser gegen Krisen wappnen. Angesichts der 2020 in Kraft tretenden verschärften Anforderungen bestehe sowohl bei Credit Suisse als auch bei UBS Handlungsbedarf, heißt es in dem am Donnerstagabend veröffentlichten Stabilitätsbericht der Schweizerischen Nationalbank (SNB).
Um die Verschuldungsquoten (Leverage Ratio) zu verbessern, benötigten beide Institute zusätzliches Kapital von jeweils rund zehn Mrd. Franken. Den Löwenanteil des Kapitalbedarfs könnten die Großbanken mit der Platzierung von Zwangswandelanleihen (sogenannten CoCos) decken. „Die Banken müssen tätig werden – insbesondere bei der Erfüllung der Anforderungen für die Leverage Ratio und den Gone-Concern-Anforderungen“, heißt es in dem Bericht. Bei Letzterem erfülle die UBS schon die Anforderungen, die Credit Suisse sei nahe dran, schreibt die SNB.
Die Ausschläge auf den Finanzmärkten im ersten Quartal und auch in letzter Zeit hätten gezeigt, wie wichtig eine noch stärkere Kapitalisierung sei, erklärte SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg dazu. „Es ist eine Herausforderung für die Banken, aber gleichzeitig sind wir zum Schluss gekommen, dass eine weitere Erhöhung dieser Widerstandsfähigkeit notwendig ist - gerade für die systemrelevanten Banken.“
In kaum einem anderen Land sind die Banken, gemessen an der Wirtschaftsleistung des Landes, so bedeutend wie Credit Suisse und UBS in der Schweiz. Das Land hatte 2012 Too-big-to-fail-Regeln eingeführt, nachdem die Regierung in der Finanzkrise 2008 der UBS finanziell unter die Arme greifen musste. Die beiden Großbanken stellen ein größeres Risiko für die Volkswirtschaft dar als in anderen Ländern: Ihre gemeinsame Bilanzsumme ist mit 1,78 Billionen Franken fast dreimal größer als das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz.
Credit Suisse erklärte, die Bank habe bereits dargelegt, wie sie die Kapitalausstattung entsprechend der Anforderungen der SNB anpassen werden. Die UBS gab sich weniger versöhnlich. „Wir stimmen einer Reihe von Einschätzungen nicht zu, der Bericht enthält allerdings keine relevanten neuen Erkenntnisse“, lautete eine Stellungnahme.
Neben den Mitteln, die im Notfall das Überleben sicherstellen sollen, müssen die Banken der SNB zufolge auch für ihre mögliche Abwicklung mehr Geld aufbringen. Laut SNB müssen die Banken dafür bei Anlegern jeweils 20 bis 25 Mrd. Franken eintreiben.
Finanzwerte im Jo-Jo-Modus
An der Börse markierten die Aktien der beiden Großbanken kurzfristig Tiefstände: Die Credit-Suisse-Titel sackten am Donnerstag auf ein Rekordtief von elf Franken ab und UBS-Papiere fanden sich mit 13,21 Franken vorübergehend auf dem niedrigsten Wert seit knapp vier Jahren. Der Grund dafür war Händlern zufolge aber vor allem die Angst vieler Anleger vor den Folgen eines möglichen EU-Austritt Großbritanniens, der Bankaktien europaweit unter Druck setzt. Die Aktien der beiden Großbanken weisen unter den Standardwerten mit einem Minus von 46 und 31 Prozent die größten Verluste im laufenden Jahr auf.
Am Freitag drehte sich das Blatt wieder: Ganz oben auf der Einkaufsliste der Anleger in Europa standen Finanzwerte, die zuletzt so stark zerzaust worden waren. Credit Suisse legte um fast vier und UBS um gut drei Prozent zu. An der Spitze lag die UniCredit mit einem Zuwachs von fast sieben Prozent. Unternehmen aus dem Finanzsektor belegten die ersten neun Plätze der Gewinnerliste im EuroStoxx50. (eid/ag)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2016)