Öl: Putins Asset für die Asiaten

File picture shows Rosneft oil storage tanks at the oil-loading terminal in Privodino
File picture shows Rosneft oil storage tanks at the oil-loading terminal in Privodino(c) REUTERS (SERGEI KARPUKHIN)
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Auf der Suche nach Geld nimmt Russland einmal mehr China und Indien ins Visier. Für zehn Mrd. Euro könnten sie ein Fünftel am Ölkonzern Rosneft kaufen. Es wäre ein Privatisierungsrekord.

Wien. Noch hat die oftmals angekündigte zweite Privatisierungswelle in Russland nicht begonnen. Schon sickert durch, dass der Kreml mit Anteilen am Ölkonzern Rosneft auf einen Privatisierungsrekord aus ist und diesen bei seinen asiatischen Wirtschaftspartnern China und Indien erzielen will.

Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Verweis auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen gestern mitteilte, erwägt Kremlchef Wladimir Putin, 19,5 Prozent des staatlichen Branchenprimus in einem Paket an ein Bieterkonsortium aus chinesischen und indischen Unternehmen zu veräußern. In Moskau hoffe man, dafür mindestens 700 Mrd. Rubel (9,58 Mrd. Euro) zu lukrieren.

Rivalen oder nicht?

Der Aktienkurs von Rosneft stieg noch am Freitag in London um 5,3 Prozent und kletterte gestern im Tagesverlauf abermals um knapp fünf Prozent nach oben. Rosneft ist damit auf dem Markt 55 Mrd. Dollar (48,76 Mrd. Euro) wert. Seit Jahresbeginn ist der Kurs bereits um 54 Prozent gestiegen.

China und Indien haben ihr Interesse an den Anteilen bekundet. Weniger klar ist, ob sich die zwei Rivalen tatsächlich dazu durchringen können, gemeinsam in Russland zuzulangen. Gänzlich unmöglich scheint dies nicht mehr. So hat Indiens Energieminister, Dharmendra Pradhan, im Rahmen des vorwöchigen Wirtschaftsforums in St. Petersburg betont, dass sie eigentlich „keine Rivalen“ seien: Die indische Oil & Natural Gas Corporation und die chinesische China National Petroleum Corporation hätten bereits gemeinsame Projekte, sagte er: Wenn daraus mehr werden würde, „wäre das schön“.

Gegengewicht zu den Briten

Dass Putin, der am 25. Juni zu einem Besuch nach China fährt, zum Verkauf von Rosneft-Anteilen bereit ist, hat er schon im April angekündigt. Damals hat er auch eingestanden, dass der Staat aus Geldmangel zu neuen Privatisierungen gezwungen ist. Vor allem der Verfall des Ölpreises setzt dem Budget zu. Dazu kommen die westlichen Sanktionen und der dadurch beschränkte Zugang zum Kapitalmarkt. Nachdem Russlands Wirtschaft im Vorjahr um 3,7 Prozent gesunken ist, verharrt sie auch heuer in der Rezession. Erst für 2017 ist wieder ein Wachstum prognostiziert.

Mit dem Angebot der Rosneft-Anteile an China und Indien nimmt Russland jene zwei Staaten ins Visier, deren Energiebedarf am schnellsten wächst. Auch würden die neuen Anteilseigner innerhalb des Konzerns ein Gegengewicht zu British Petroleum darstellen, die bereits 2013 mit knapp 20 Prozent bei Rosneft eingestiegen ist. Auch könnte Russland mit der Transaktion untermauern, dass nach den Verwerfungen mit Europa aufgrund des Ukraine-Konflikts der angedrohte Schwenk des Landes nach Asien doch Form annimmt.

Nur Rohstoffe

Bis dato nämlich gestaltet sich die Hinwendung nach Osten nicht so schnell und nicht so intensiv, wie das den Russen recht wäre. Die Chinesen legen bei ihrem Engagement in Russland weniger Euphorie als vielmehr nüchterne Kalkulation an den Tag. Von den 116 Mrd. Dollar, die China 2015 im Ausland investierte, flossen gerade mal 794 Millionen Dollar – sprich 0,7 Prozent – ins nördliche Nachbarland.

Gewiss, der einzig wirkliche Sektor, an dem sie Interesse haben, ist der Öl- und Gassektor. Schon vor Jahren hat China damit begonnen, gerade Rosneft indirekt mit Milliardenvorauszahlungen für jahrzehntelange Öllieferungen indirekt zu kreditieren. Seit Kurzem investieren die Chinesen auch eifrig in den russischen Gassektor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2016)

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