Spanien stellt Steuerschuldner bloß

(c) REUTERS (JON NAZCA)
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Der Fiskus veröffentlicht eine schwarze Liste seiner größten Schuldner. Damit will er Firmen, reiche Erben, Fußballklubs und deren Spieler zum Zahlen drängen.

Wien/Madrid. Wenn es darum geht, Steuern einzutreiben, sind Staaten um kreative Lösungen nicht verlegen – so wenig wie ihre Bürger, die Zahlungen vermeiden wollen. Zu einem besonders brachialen Mittel greift der Fiskus in Spanien: Das Finanzministerium veröffentlicht eine Art Ranking seiner größten Schuldner. Ob es um Firmen, Private oder Vereine geht: Das öffentliche An-den-Pranger-Stellen soll die Säumigen bewegen, ihre offenen Beträge rascher zu begleichen.

Für diese – auch unter Finanzexperten durchaus umstrittene – Maßnahme brauchte es ein eigenes Gesetz, das im Vorjahr durchs Parlament ging. Ende Dezember veröffentlichte das Ministerium die erste schwarze Liste. Am gestrigen Donnerstag folgte die zweite, aktualisierte – womit sich nun eine Zwischenbilanz ziehen lässt.

In einer Hinsicht hat die Aktion jedenfalls funktioniert: Das öffentliche Interesse ist groß. Als ginge es um Skandale von Promis aus den Klatschspalten, sprechen die Wirtschaftsteile der Zeitungen die Namen durch. Knapp 4800 Steuerpflichtige sind angeführt, in Summe schulden sie dem Fiskus 15,7 Mrd. Euro. An der Spitze stehen insolvente Baufirmen, die der geplatzten Immobilienblase zum Opfer gefallen sind. Die 368 Mio. Euro, die die Nummer eins, Reyal Urbis, zahlen müsste, werden kaum einzutreiben sein. Auch staatliche Institutionen werden bloßgestellt, wie die Region Murcia und ihr Gesundheitswesen.

Zweck wird kaum erfüllt

Auffällig ist die große Dichte an säumigen Zahlern, die mit Sport in Verbindung stehen. Fußballklubs wie Huelva, Real Murcia und Racing de Santander schulden jeweils über zehn Millionen. Auch einzelne Spieler und ein früherer Präsident von Real Madrid finden sich auf der Liste. Bei den Basketballern scheint es um die Steuermoral kaum besser bestellt zu sein. Auch der dreifache Motorradweltmeister Dani Pedrosa beschädigt so seinen Ruf.

Aber erfüllt die Lista Negra ihren Zweck, mehr Geld in die Kassa zu bringen? Nur bedingt. Von der Summe des ersten Rankings – 14,9 Mrd. Euro – wurden nur 312 Mio. beglichen. Zu den reuigen Sündern gehören drei Brüder, die Erben des Gründers der berühmten Kaufhauskette El Corte Inglés. Sie erklärten vor einigen Wochen, ihre „Situation geregelt“ zu haben. Dass sie überhaupt säumig waren, sei einem Missverständnis zuzuschreiben. Seinen Schuldenberg zumindest reduziert – von 27 auf 19 Mio. Euro – hat der private Anführer der ersten Liste: ein 70 Jahre alter Baustoffunternehmer, der sich seit Jahrzehnten einen erbitterten Rechtsstreit mit der Obrigkeit liefert und den auch die Androhung einer Gefängnisstrafe nicht entmutigt hat.

Viele Anwälte von Betroffenen kritisieren das Gesetz massiv. Ihr Hauptpunkt: Der Anlass für die offene Rechnung wird nicht hinterfragt – ob der Betroffene etwa gerade mit dem Fiskus verhandelt, um Aufschub gebeten hat oder zwar zahlungswillig, aber nicht zahlungsfähig ist. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2016)

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