Breite Front gegen Telekom-Boss

Alejandro Plater
Alejandro Plater (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Alejandro Plater liefert passable Zahlen, Verbündete findet er allein damit in Österreich aber nicht. Hinter den Kulissen arbeiten Politik, Eigentümer und Aufsichtsräte an seiner Ablöse.

Wien. Nicht einmal ein Jahr nachdem der Argentinier Alejandro Plater als Vertreter des mexikanischen Mehrheitseigentümers América Móvil die Geschicke der Telekom Austria übernommen hat, herrscht in dem Konzern große Unruhe. Im Zentrum des Geschehens steht Plater selbst. Bei Belegschaft und Betriebsrat umstritten, wird er zusehends auch von Politik und Eigentümern kritisch beäugt – und Teile des Aufsichtsrats arbeiten ganz unverhohlen an seiner Ablöse.

Wie „Die Presse“ erfahren hat, besteht der Wunsch, dass Plater die Telekom noch vor der Aufsichtsratssitzung am 22. Juli verlässt. Er solle „weggelobt“ werden und freiwillig ausscheiden, heißt es. Ein Job für einen „Aufstieg“ in Südamerika sei schon gefunden, erzählt eine mit der Sache betraute Person.

Alles Unsinn, heißt es auf offizielle Anfrage. „Mein Druck besteht darin, das Unternehmen wettbewerbsfähiger und effizienter zu machen, und ich denke, man sieht an den bisherigen Zahlen bereits, dass uns das gelingt“, sagt Plater selbst. Aber die Zeichen, dass die Lage doch nicht so locker gesehen wird, mehren sich. Schon am Montag kommen Teile des Aufsichtsrats mit dem Betriebsrat zu einer Sondersitzung zusammen. Thema sind nicht die Halbjahreszahlen. Vielmehr geht es um die Causa Plater. Für die offizielle Aufsichtsratssitzung am 22. Juli hat sich zudem die Delegation aus Mexiko in ungewöhnlich hoher Stärke angekündigt.

Gesichtswahrender Abgang

Während sich América Móvil auf "Presse"-Anfrage "hoch zufrieden" mit der Entwicklung der Telekom zeigt und auch Plater volle Rückendeckung versichert, soll hierzulande Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) die Telekom zur Chefsache erklärt haben. Das mit dem Koalitionspartner ÖVP, sprich Finanzminister Hans Jörg Schelling, akkordierte Ziel ist ein Neustart, der Ruhe in den Konzern bringt. Offiziell wollen weder Bundeskanzleramt noch Finanzminister Stellung nehmen. Inoffiziell will man eine Lösung finden, die die Interessen der Mexikaner (sie halten knapp 60 Prozent) und der Republik (28,4 Prozent) wahrt. Ein gesichtswahrender Abgang Platers wäre da nur recht.

Aber reicht die allgemeine Unzufriedenheit aus, um den vorzeitigen Abgang des Topmanagers zu erreichen?

Misst man Plater rein an den Zahlen, fällt die Bilanz passabel aus. Seine Pläne waren ambitioniert: Er wollte die Kosten weiter senken, das Unternehmen mit seinen Töchtern in Osteuropa zu einem schlagkräftigen Konzern formen und den Weg für die Internationalisierung mit Zukäufen ebnen. Fest steht: Die Telekom ist heute profitabler als vor einem Jahr. Obwohl etliche Großkunden dem Konzern den Rücken gekehrt haben, ging die Marge im Österreich-Geschäft nach oben.

Kritiker werfen allerdings ein, dass die meisten Kostensenkungsprogramme vor Platers Zeit lanciert worden sind. Zudem profitiert die Telekom in Österreich nach der Fusion von Orange und „3“ vom allgemein höheren Preisniveau im Mobilfunk. Der Konzerngewinn von knapp 400 Mio. Euro im Vorjahr sei allerdings nicht gut einschätzbar, da hohe Wertberichtigungen in Bulgarien das Ergebnis 2014 ins Minus gedrückt haben. Es ist aber fast viermal so hoch wie 2013.

Und noch etwas: Die Kriegskasse, die Ende 2015 noch 909,2 Mio. Euro aufwies, ist nach der Rückzahlung einer 750 Mio. Euro schweren Anleihe wieder ziemlich zusammengeschrumpft. Geld für einen großen Zukauf gibt es also nicht.

Von der angekündigten Osteuropa-Holding fehlt jede Spur. Die Strategie sei immer noch gut, betont ein Aufsichtsrat. „Aber es hapert in der Umsetzung.“

Machtkampf mit A1

Platers größtes Problem ist jedoch nicht bilanzieller, sondern atmosphärischer Natur: Intern gibt es einen offenen Konflikt zwischen Plater und Margarethe Schramböck, seit Juni Chefin des Österreich-Geschäfts (A1 Telekom Austria AG). A1 trägt mit 8600 Mitarbeitern und gut 2,5 Mrd. Euro Erlös immerhin mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes und des Gewinns. Die von Schramböck aufgesetzte neue Organisationsstruktur hat zusätzlich für böses Blut gesorgt. Das der „Presse“ zugespielte Organigramm sieht sie als alleinige Chefin von A1. Finanzvorstand Sonja Wallner und Technikvorstand Marcus Grausam wurden auf einer Ebene mit Bereichsleitern geführt. Die beiden fühlten sich, wenig verwunderlich, degradiert. Plater trug kaum zur Deeskalation im Führungsteam der wichtigsten Tochter bei. Wohl kein Zufall, soll er sich doch selbst einen Machtkampf mit Schramböck liefern.

Aber auch außerhalb des Unternehmens hat es der Manager verabsäumt, Eigentümer, Betriebsrat, Politik und Öffentlichkeit einzubinden. Investoren hatten kaum eine Chance, mit dem neuen Telekom-Chef auf Tuchfühlung zu gehen. „Auf dem Kapitalmarkt ist Plater wenig in Erscheinung getreten“, sagt Bernd Maurer, Analyst der Raiffeisen Centrobank. „Zum Teil liegt das daran, dass der Streubesitz der Aktie seit dem Einstieg der Mexikaner gesunken ist.“ Zum Teil liegt es offenbar an Plater selbst.

Im Finanzministerium ist man mit dem Informationsfluss aus der Telekom-Zentrale ebenfalls alles andere als zufrieden. Zumal die Republik einst zu seinen Gunsten darauf verzichtet hat, selbst den neuen Telekom-Chef zu bestimmen, wie ihr im Syndikatsvertrag mit den Mexikanern zugestanden wurde. Österreich soll Platers möglichen Abgang nutzen, um sich dieses Vorschlagsrecht zurückzuholen, fordern viele. Allein, noch mangelt es offiziell an Alternativen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2016)

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