Börse: Hochriskant und Idiotensicher

Airport-Kino: Cineplexx setzt neue Maszstaebe und bringt Dolby Cinema erstmals nach Salzburg
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Die Börse hat nach dem Brexit-Knick eine Woche der Euphorie hinter sich. Diese kann schnell verfliegen. Zeit, einmal einen Blick auf extremere Werte außerhalb des Mainstreams zu werfen.

Wenn es wieder einmal eines Beweises bedurft hat, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist: Die abgelaufene Woche hat ihn geliefert. Drei Wochen nach dem schockierenden Votum der Briten für den Austritt aus der EU haben die Anleger wieder eingesammelt, was sie vorher panisch auf den Markt geworfen hatten. In den USA erreichten der Dow Jones und der S&P-500 gar historische Höchststände. Der deutsche DAX und der EuroStoxx 50 legten um über sechs Prozent zu.

Der Brexit hat seinen Schrecken verloren, oder anders formuliert: Gewissheit ist besser als Ungewissheit.

Dabei ist bei Weitem nicht alles so gewiss, wie es im Euphorieschub erscheint. Am Donnerstag verblüffte die britische Premierministerin, Theresa May, die EU damit, dass sie Außenpolitik und Austrittsverhandlungen in die Hände von Brexit-Verfechtern legte. Dabei ist nicht einmal gewiss, ob es heuer überhaupt noch zu den Verhandlungen kommt. Am Donnerstag hat die Bank of England mit dem überraschenden Verzicht auf eine Zinssenkung kurz irritiert. In Italien wächst mit den strauchelnden Banken ein nächstes Sorgenkind heran. Am Freitag ließ der Terroranschlag von Nizza die Anleger innehalten, und in der Nacht auf Samstag gab es einen (fehlgeschlagenen) Militärputsch in der Türkei.

Aber auf jede Ohrfeige folgte zuletzt ein Motivationszuckerl. So ließ die US-Großbank JPMorgan am Donnerstag mit einem unerwartet hohen Milliardengewinn im zweiten Quartal aufhorchen. Kurz zuvor hatte der US-Aluriese Alcoa, der als Auftaktgeber für die Quartalssaison auch als ein Indikator für die Konjunkturentwicklung gilt, die Analysten positiv überrascht. China meldete am Freitag ein mit 6,7 Prozent unerwartet hohes Wirtschaftswachstum für das zweite Quartal, wobei die Aussichten trübe sind.

Das Bild bleibt also durchwachsen, die Ungewissheit hoch, der Sommer voraussichtlich volatil. Gold und Goldminenaktien bleiben daher trotz der vorwöchigen Preiskorrektur Objekte der Zuflucht. Im Übrigen ist das Umfeld nicht so, dass sich Privatanleger, die keine Zeit für ein tägliches Verwalten ihrer Anlage haben, zu Neuengagements hinreißen lassen müssen.

Das heißt nicht, dass es kein Leben außerhalb der Brexit-Debatte und außerhalb von Gold gäbe. Im Gegenteil, es ist sogar bunt. Um es zu entdecken, lohnt ein Blick über den Radius des Mainstreams hinaus, der der Konjunktur und den allgemeinen Stimmungsschwankungen am meisten ausgesetzt ist. An den Rändern des Üblichen ist für beide extremeren Anlegertypen − risikoaverse wie risikoverliebte − durchaus Attraktives zu finden.

Wer die gegen null tendierenden Sparbuchzinsen satt hat, nicht zum Gold greifen und dennoch seelenruhig schlafen will, kann sein Geld als Aktionär der Schweizerischen NationalbankAG (ISIN CH0001319265) im wahrsten Sinne des Wortes „horten“. Keine großen Ausschläge, aber immerhin eine Dividende von maximal 15 Franken, was einer Dividendenrendite von 1,3 Prozent entspricht. Das ist pure Sicherheit für die, die sonst nichts suchen.

Auffällig krisensicher, wenn auch dynamischer, bewegen sich die weltweit bekannten und doch wenig beachteten Dolby Laboratories (ISIN US25659T1079). Die Marke findet sich nicht nur in Kinos, das Unternehmen hat sich generell auf Audiotechnik spezialisiert, verkauft Lizenzen und steckt daher in nahezu jedem ton-gebenden Gerät. Schuldenfrei und hochliquide präsentiert sich der Konzern. Die Aktie schraubt sich entsprechend gleichmäßig und hartnäckig mit 15 bis 30 Prozent Kursgewinn pro Jahr nach oben.

Ungleich turbulenter geht es am anderen Ende des Sicherheitsspektrums zu. Für wahre Luftsprünge − mit bislang relativ moderaten Rücksetzern − sorgte zuletzt der kanadische Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien, Electrovaya (ISIN CA28617B1013). Zwischen Mai und Juli hat er eine Kursverdreifachung auf 2,996 Euro hingelegt, seit Jahresbeginn eine Verfünffachung. Da ist mit schärferen Korrekturen schon zu rechnen. Zwischendurch erreichen sie 20 Prozent und mehr. Und doch hält sich das neue Niveau bei 2,6 Euro recht stabil. Die Technologie ist das künftige Um und Auf für den Elektroauto-, den Versorger-, aber auch den Gesundheitssektor. Electrovaya, ein relativ kleines Unternehmen, hat zuletzt gleich vier Großaufträge für seine neuen Speichersysteme an Land gezogen. Aber wie gesagt: Die Aktie ist zwar aussichtsreich, aber hochriskant.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2016)

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