Die Modebranche leidet unter Plagiaten

(c) EPA (BARBARA WALTON)
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Birkenstock beschuldigt Amazon, den Vertrieb von Kopien toleriert zu haben. Insgesamt beläuft sich der Schaden durch Fälschungen in der EU auf 43 Mrd. Euro.

Berlin. Weil zahlreiche Händler gefälschte Sandalen verkauft haben sollen, zieht sich Birkenstock von der US-Seite von Amazon zurück. Auch in Deutschland machen Plagiate von Schuhen und Bekleidung der Modebranche zu schaffen.

Nach dem Verkaufsstopp von Birkenstock-Sandalen auf der Amazon-Plattform in den USA macht die deutsche Modeindustrie auf die Gefahr kopierter Markenprodukte aufmerksam. Gefälschte Ware sei für die Branche ein „signifikantes Problem“ und verursache in Deutschland jährlich einen Schaden von 3,5 Mrd. Euro, sagte der Sprecher des Gesamtverbands der deutschen Textil- und Modeindustrie, Hartmut Spiesecke. Er beruft sich auf eine frühere Untersuchung einer EU-Behörde, wonach in der gesamten EU jährlich ein Gesamtschaden von 43,3 Mrd. Euro durch Modeplagiate entsteht.

Das Markenbewusstsein habe in den vergangenen 20 Jahren zugenommen, sagte Spiesecke. Und damit die Verführung, nach billigen Alternativen Ausschau zu halten: So seien kopierte Schuh- oder Bekleidungsstücke im Vergleich zum Original bis um das Zehnfache billiger zu haben.

Der Schuhhersteller Birkenstock hatte Ende dieser Woche angekündigt, den Verkauf seiner Produkte auf der US-Verkaufsseite von Amazon zu stoppen. Über Amazon Marketplace – die Plattform für eigenständige Händler – seien gefälschte Sandalen aus China in den Umlauf gekommen. Das Unternehmen aus Neustadt/Wied (Rheinland-Pfalz) wirft Amazon vor, den Vertrieb „schlechter Kopien“ toleriert zu haben.

Abgelaufene Ware feilgeboten

Birkenstock ist nicht das erste Unternehmen, das mit Amazon hinsichtlich der Geschäftspraktiken im Clinch liegt: Laut „Wall Street Journal“ hatte auch der Konsumgüter- und Medizintechnikkonzern Johnson & Johnson im Jahr 2013 den Verkauf auf Amazon zeitweise eingestellt. Das Unternehmen befürchtete einen Schaden für die eigene Marke, da auf Amazon angeblich beschädigte oder abgelaufene Ware vertrieben worden sein soll.

Modeplagiate zählen zu den gefragtesten Fälscherwaren: Der Gesamtwert eingezogener gefälschter Schuhe und gefälschter Kleidung (14,4 Mio. Euro) lag nach Körperpflegeprodukten (18,8 Mio. Euro) in Deutschland zuletzt an zweiter Stelle. Zwischen 2010 und 2015 wurden Kopien bekannter Schuh- oder Kleidungshersteller im Wert von 132 Mio. Euro vom Zoll sichergestellt. Gefälschte Sneakers, Designerkleider oder Sporttrikots kommen aber nicht nur in Containern oder Paketen, sondern auch in Koffern von Urlaubern über die Grenze. Der Zoll warnt: Viele der vermeintlichen Schnäppchen seien qualitativ minderwertig und teilweise gesundheitsgefährdend.

„Onlineshops, in denen gefälschte Waren angeboten werden, machen einen immer professionelleren und seriöseren Eindruck“, erklärte eine Zollsprecherin. Häufig sei der Preisunterschied auch nicht zu groß, damit die Käufer keinen Verdacht schöpften. (DPA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2016)

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