Eine Milliarde US-Dollar für geklaute Fotos

US-Fotografin Highsmith verklagt Getty Images.

Wien. Als der bekannten Fotografin Carol Highsmith vergangenen Dezember eine Rechnung der Bildagentur Getty Images ins Haus flatterte, dachte die Amerikanerin noch an ein Versehen. Immerhin verlangte die Agentur Gebühren dafür, dass Highsmith eines ihrer eigenen Fotos auf ihrer Homepage veröffentlichte. Sie hatte es – gemeinsam mit Zigtausenden anderen – schon vor fast 30 Jahren der Library of Congress vermacht, im festen Glauben, dass diese damit für jedermann frei verfügbar wären.

Dass eine professionelle Bildagentur wie Getty Images plötzlich für ein Foto von ihr Geld verlangt, könne nur ein Irrtum sein, dachte Highsmith. Doch weit gefehlt. Die Praxis hat offenbar System. Tausende Menschen, die ihre Fotografien verwendet hatten, bekamen eine Rechnung von Getty.

18.755 Fotos gestohlen

Nun dreht die 70-Jährige den Spieß um und verklagt das Unternehmen wegen „groben Missbrauchs“ von 18.755 ihrer Fotos. Getty, aber auch die Agentur Alamy, hätten ohne ihre Zustimmung Lizenzen für ihre Werke verkauft und mit „falschen Wasserzeichen“ versehen, heißt es in der Anklageschrift. Nicht weniger als eine Milliarde US-Dollar will Carol Highsmith nun sehen, um den Streit beizulegen. Getty äußerte sich bisher nicht.

Nach dem Gesetz stehen der Fotografin maximal 25.000 US-Dollar pro Bild zu, in Summe also knapp eine halbe Milliarde Dollar. Dass Highsmith mehr als das Doppelte fordert, hat einen Grund: Getty ist ein Wiederholungstäter. Erst vor 2,5 Jahren wurde die Agentur zur Zahlung von einer Million Dollar verurteilt, weil sie ein Bild des Fotografen Daniel Morel ohne dessen Zustimmung verkauft hatte. Diese Vorgeschichte ermöglicht es dem Gericht, die Strafe zu verdreifachen. (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

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