Japan lockert Geldpolitik nur leicht

Bank of Japan (BOJ) Governor Haruhiko Kuroda attends a news conference at the BOJ headquarters in Tokyo
Bank of Japan (BOJ) Governor Haruhiko Kuroda attends a news conference at the BOJ headquarters in Tokyo(c) REUTERS (KIM KYUNG-HOON)
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Nach dem Brexit-Votum wurden von Tokio radikale Maßnahmen erwartet. Aber die Währungshüter warten ab und verschieben das Helikoptergeld.

Tokio/Wien. Nach der überraschenden Entscheidung der britischen Bevölkerung, der EU den Rücken zu kehren, stehen die gelpolitischen Zeichen weltweit auf Grün. Soll heißen: Es werden weitere Lockerungen erwartet. Die Bank of Japan (BoJ) ist diesen Erwartungen in der Nacht auf Freitag auch nachgekommen. Den Märkten war es aber nicht genug.

Denn von einer direkten Ausweitung der ohnehin bereits massiven Anleihen-Kaufprogramme hat BoJ-Chef Haruhiko Kuroda Abstand genommen. Auch das viel zitierte Helikoptergeld, also der Aufkauf von unbefristeten Staatsanleihen mit frisch gedrucktem Geld, wird (noch) nicht eingesetzt. Stattdessen wurden lediglich die Aufkäufe von sogenannten Exchange Traded Funds (ETF) ausgebaut, um dem Markt zusätzliche Liquidität zuzuführen. Die Aufkäufe wurden verdoppelt.

Ebenfalls verdoppelt wurde ein Programm, in dem die BoJ Kredite in US-Dollar zur Verfügung stellt. Insgesamt pumpt die BoJ inzwischen 80 Billionen Yen pro Jahr in den Markt, was etwa 773 Mrd. Dollar oder 694 Mrd. Euro entspricht. Auf einem globalen Level haben die Zentralbanken den Märkten nie mehr Liquidität zugefügt als derzeit. Ausgehend von den Programmen in Europa und Japan pumpen die Währungshüter derzeit rund 180 Mrd. Dollar pro Monat in den Markt.

Trotzdem zeigten sich die Investoren am Freitag ernüchtert. Sie hatten mit einer stärkeren Lockerung der Geldpolitik in Japan gerechnet. Die Renditen von japanischen Staatsanleihen stiegen stark an. Auch der japanische Yen verteuerte sich. Wie die Europäische Zentralbank versucht auch die BoJ, eine Deflationsgefahr zu bekämpfen und die Inflation anzukurbeln. Kuroda zeigte sich entschlossen, dieses Ziel zu erreichen, und kündigte eine baldige „Evaluierung“ der bisherigen Maßnahmen an.

Diese Ankündigung allein reicht einigen Marktteilnehmern, um jetzt schon vom Helikoptergeld im September zu träumen. „Die aktuellen Lockerungen liegen am untersten Ende der Erwartungen“, sagte Mansoor Mohi-uddin, ein Analyst der Royal Bank of Scotland in Singapur, der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Regierung schnürt Paket

Aber die Ankündigung einer Effizienzevaluierung der bisherigen Maßnahmen im September „könnte bedeuten, dass die BoJ ihren bisherigen Zugang zu Lockerungen im September überdenkt und radikalere Maßnahmen wie Helikoptergeld überlegt“. Das nächste Meeting der Bank of Japan findet am 20. und 21. September statt.

Zuerst ist aber die Regierung am Zug. Am Dienstag will Premierminister Shinzo Abe ein neues Konjunkturpaket vorstellen. Er verspricht, rund 28 Billionen Yen zu investieren – und zwar in Form von „mutigen“ und „umfangreichen“ Maßnahmen. Das Büro des Premiers kündigte am Freitag zudem an, das Konjunkturpaket in „enger Zusammenarbeit“ mit der Zentralbank zu erarbeiten. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

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