Mageres Geschäft mit den Billigbussen

A man walks near Flixbus and Postbus busses at the main bus station in Berlin
A man walks near Flixbus and Postbus busses at the main bus station in Berlin(c) REUTERS (STEFANIE LOOS)
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Der Wettkampf auf dem deutschen Fernbusmarkt fordert wieder ein Opfer. Die fortschreitende Konsolidierung ist aber laut Experten für die Branche lebensnotwendig. In Österreich betonen Bus wie Bahn, sich keine Kunden wegzunehmen.

Wien. Der deutsche Fernbusmarkt wurde diese Woche wieder ein Stück kleiner. Die Erwartungen an das Busgeschäft hätten sich „nicht ausreichend erfüllt“, erklärte die Deutsche Post ihren am Mittwoch verkündeten Ausstieg. Unter den verbliebenen sieben Konkurrenten gerät das Kräfteverhältnis dadurch noch stärker in Schieflage. Denn niemand anderer als Marktführer Flixbus nahm sich des Postbus-Angebots und damit auch dessen zehnprozentigen Marktanteils am deutschen Fernbusgeschäft an.

Das Münchner Start-up legte seit seiner Gründung 2011 eine rasante Expansion hin. 2015 fusionierte es mit dem deutschen Mitbewerber Mein Fernbus, erst diesen Juni schluckte es die britische Marke Megabus. Diese Konsolidierungsschritte seien laut Ludwig Richard, Geschäftsführer des Busunternehmens Dr. Richard und selbst Flixbus-Partner, dringend nötig gewesen: „Weder Flixbus noch die Buspartner verdienen genug Geld, das ist ein offenes Geheimnis.“ Durch den starken Wettbewerb der vergangenen Jahre wären die Preise zu niedrig, die Auslastungen zu schlecht geworden. Auf einer Position als Quasi-Monopolist – nach der Postbus-Übernahme hält Flixbus 81 Prozent am deutschen Fernbusmarkt – werde sich das Unternehmen auch nicht ausruhen können. Das würden die Deutsche Bahn und deren hauseigene Busflotte nicht zulassen, schätzt Richard die Lage im Nachbarland ein.

Dass das Geschäft mit den Busreisen in Deutschland überhaupt so heiß umkämpft und für manche weniger lukrativ als erhofft ist, ist der Liberalisierung des Fernbusmarkts Anfang 2013 geschuldet. Davor erhielten Busse keine Genehmigungen, Strecken zu bespielen, die bereits von der Bahn befahren wurden. Die großen österreichischen Unternehmen wie Dr. Richard, Blaguss oder Gschwindl können da nur neidvoll über die Grenze schielen. Hierzulande bekommt ein Privater keine Konzession für eine Strecke, würde er der mit Steuergeld subventionierten ÖBB Konkurrenz machen. Die Bahn hat in dem Verfahren ein Mitspracherecht. Blaguss etwa wartete fünfeinhalb Jahre lang auf eine Konzession für die Strecke Salzburg–Graz. Auf eine baldige Liberalisierung hofft Thomas Blaguss nicht: „In Österreich wird die Schiene geschützt.“

ÖBB-Busflotte: Aktionspreis kritisiert

Die solcherart geschützte Schiene hat sich mit der Tochter Hellö seit Juli selbst unter die Billigkonkurrenz gemischt. Betont sei aber: Das gilt nur für das grenzüberschreitende Busgeschäft. Die 30 österreichischen Postbusse sowie Busse der Firma Gschwindl fahren auf elf internationalen Verbindungen. Transfers zwischen den Bundeshauptstädten sind nicht von der europäischen Lizenz erfasst. 20 Millionen Passagiere will Hellö bis 2020 befördern. „Uns ist klar, dass es dann auch Leute gibt, die nicht mehr mit der Bahn fahren werden“, sagt ÖBB-Pressesprecher Michael Braun. Das nehme man aber gern in Kauf, um das eigentliche Ziel dieses Manövers zu erreichen: die Jungen, denen der Preis wichtiger als die Schnelligkeit ist und die „sonst nicht unsere Kunden werden würden“. Eine Preisschlacht mit den Mitbewerbern will man sich nicht liefern, beteuerte Geschäftsführer Tobias Hann kürzlich gegenüber der „Presse“. Der dreimonatige Einstiegsaktionspreis von 15 Euro für Strecken wie Wien–Berlin wird von Blaguss-Chef Thomas Blaguss aber kritisiert: Dieser sei „niemals kostendeckend“ und der Zeitraum „ein bisschen lang, aber wir nehmen das zur Kenntnis und begrüßen den Wettbewerb“.

Auch Hellö wird sich mit Flixbus messen müssen. Denn das Unternehmen ist eine Art paneuropäisches Amazon für den Fernbusmarkt: Es selbst besitzt keinen Bus, aber dafür das Know-how bei Planung und Vertrieb. So orchestrieren knapp 1000 Mitarbeiter an mehreren europäischen Standorten das bereits vorhandene Angebot an mittelständischen Busunternehmen. Man lässt fahren, koordiniert dafür Fahrpläne und Preise.

So etwa auch für Dr. Richard und Blaguss. Ersterer fährt für Flixbus die Strecke Wien–Graz. Die Konzession dafür hat er, weil er einst ein Unternehmen kaufte, das noch aus früherer Zeit eine entsprechende Genehmigung hatte. Preise beginnen bei neun Euro, wöchentlich nützten etwa 10.000 Passagiere das Angebot. „Nur ein kleiner Teil unserer Gäste kommt aus dem Zug“, betont Richard. Passionierte Eisenbahnfahrer würden es immer bleiben. Das habe sich vor allem während der Sperre der Südbahnzugstrecke gezeigt, wo die Zuwächse bei den Busgästen quasi bei null lagen. In diesem Punkt ist er einer Meinung mit dem ÖBB-Sprecher: Für die Strecke Wien–München werden Geschäftsreisende immer den Railjet besteigen, sagt Braun, nicht den Hellö-Bus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2016)

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