Siemens: Und schon wieder besser

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Zum zweiten Mal in diesem Jahr konnte Siemens-Chef Kaeser die Gewinnprognose anheben. Aus der Dauerbaustelle wurde wieder ein florierender Konzern.

München/Wien. So lockt man Anleger und macht auch Kunden und Mitarbeiter – die wahrscheinlich ja auch Aktien haben – glücklich: Siemens, in den vergangenen Jahren eine Großbaustelle, hat die radikale Umstrukturierung gutgetan. Das spiegeln die guten Zahlen für das dritte Quartal wider, die Konzernchef Joe Kaeser am Donnerstag zum Anlass nahm, die Gewinnprognose zum zweiten Mal in diesem Jahr anzuheben. Er rechnet für das laufende Geschäftsjahr mit einem Gewinn je Aktie bis zu 6,70 Euro, was einem Nettogewinn von bis zu 5,7 Mrd. Euro entspricht. Zuvor hat Kaeser ein Ergebnis je Aktie von bis zu 6,40 Euro in Aussicht gestellt. Die Aktie des Elektronikriesen sprang daraufhin um mehr als vier Prozent auf das Niveau vom April 2015. Seit Jahresbeginn liegt das Papier mit zwölf Prozent im Plus.

Kaeser hat in den knapp zwei Jahren seiner Amtszeit den Münchener Technologiekonzern weitgehend umgekrempelt und ihm ein rigoroses Sparprogramm verordnet. Sparten wie die Haushaltsgeräte wurden abgegeben, andere verkleinert. Dazu zählt aktuell der unter der Nachfrageflaute in der Öl- und Gasbranche leidende Bereich Prozessindustrie und Antriebe, wo 2500 Stellen weltweit (davon 2000 in Deutschland) gestrichen werden. Betroffen sind vor allem die bayerischen Standorte. Diese Maßnahme wird 200 bis 300 Mio. Euro an Belastungen bringen, die der Konzern im vierten Quartal wird verkraften müssen. Im Gegenzug hat Siemens den US-Kompressorenhersteller Dresser-Rand gekauft.

Kaeser, der sich mit dem Abbau von rund 13.000 Jobs binnen zwei Jahren den Vorwurf der Gewerkschaften einhandelte, statt der versprochenen Ruhe lediglich ein Umbauprogramm nach dem anderen auf den Weg zu bringen und schleichend Produktion aus Deutschland abzuziehen, hält an seiner Strategie fest. „Wir kommen mit der Umsetzung unserer Vision 2020 gut voran und haben auch im dritten Quartal vor allem im Marktvergleich überzeugt“, erklärte er. Von den neun Siemens-Sparten haben acht so viel Rendite abgeworfen, wie es sich Kaeser vorstellt. Dafür hat auch Investmentanalyst Volker Stoll von der Landesbank Baden-Württemberg Lob: Siemens arbeite in wichtigen Sparten bedeutend profitabler, im Industriesegment habe der Gewinn dank Margenverbesserungen im Bereich Power und Gas und Windturbinen zugelegt. Der schon im zweiten Quartal an Land gezogene Auftrag für die Modernisierung des ägyptischen Energiesystems im Volumen von acht Mrd. Euro ist für Siemens die größte Order der Firmengeschichte.

Eine Milliarde Kostensenkung

Außerdem trägt das Sparprogramm Früchte: Die Kostensenkungen von einer Mrd. Euro könnten schon in diesem Jahr erreicht werden, sagte Finanzvorstand Ralf Thomas. Siemens profitiert freilich nicht nur vom florierenden Geschäft mit Energietechnik, bei dem Rivalen wie ABB oder General Electric in diesem Jahr bisher eher mäßig abgeschnitten haben. Allgemein trudeln die Bestellungen wieder gut ein. Im dritten Quartal wuchs der Auftragseingang um sechs Prozent auf 21,1 Mrd. Euro. Das Orderbuch ist damit so prall gefüllt wie noch nie. Der Auftragsbestand liegt auf dem Rekordniveau von 116 Mrd. Euro. Hatten früher Milliardenbelastungen bei Großprojekten Siemens wiederholt das Ergebnis verpatzt, so profitiert der Konzern jetzt von verlässlicherer Projektabwicklung.

Der Konzernumsatz kletterte binnen Jahresfrist um fünf Prozent auf 19,8 Mrd. Euro. Das Ergebnis des industriellen Geschäfts legte um ein Fünftel auf 2,2 Mrd. Euro zu. Aufgrund von hohen Kosten für den künftigen Rückbau der einstigen Brennelemente-Fabrik in Hanau stagnierte der Gewinn nach Steuern allerdings auf dem Vorjahresniveau von knapp 1,4 Mrd. Euro.

„Der jahrelang anhaltende Wachstumsverfall ist gestoppt, und der Vergleich mit dem Wettbewerb zeigt, dass wir beim Wachstum deutlich führend sind“, lautete Kaesers positive Bilanz. Zugleich warnte er vor allzu großem Übermut. „Trotz eines ordentlichen Quartals wachsen die Bäume nicht in den Himmel.“ Der für wiederkehrende böse Überraschungen in seinen Zwischenbilanzen berüchtigte Konzern müsse weiter an seiner Geschwindigkeit und Wandelbarkeit arbeiten. „Das nächste Quartal ist immer das schwerste“, erklärte Kaeser. „Irgendwas wird immer sein.“ (eid/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2016)

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